Deutscher Tierschutzbund ruft zum Protest gegen die qualvolle Ferkelkastration ohne Betäubung auf
Archivmeldung vom 06.05.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUm das Entstehen des typischen Ebergeruchs zu verhindern, werden in Deutschland jedes Jahr mehr als 20 Millionen männliche Ferkel kastriert. Ohne Betäubung - bei vollem Bewusstsein, bei vollem Schmerzempfinden werden den Ferkeln operativ mit einem scharfen Messer die beiden Hoden entfernt.
Das Deutsche Tierschutzgesetz legalisiert diese Qual. Demnach dürfen männliche Ferkel bis zum Alter von sieben Tagen ohne Betäubung kastriert werden. Der Deutsche Tierschutzbund lehnt diese tierquälerische Praxis ab und fordert mit seiner neuen Kampagne "Ferkelprotest" ein deutschland- und EU-weites Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration. Aktuelles Bildmaterial, das dem Deutschen Tierschutzbund vorliegt, dokumentiert eindrucksvoll, was den Tieren angetan wird. Alle Interessierten können sich am Protest des Deutschen Tierschutzbundes der auf Kampagnenpage www.ferkelprotest.de beteiligen.
"Diesem millionenfachen Leid muss ein Ende gemacht werden - den Tieren werden unendliche Schmerzen zugefügt. Bei Hunden oder Katzen würde niemand eine solche Tortur zulassen - die Ferkel leiden millionenfach - und das immer noch gesetzlich legitimiert", so Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Die Bundesregierung und der für Tierschutz zuständige Bundesminister Horst Seehofer sowie seine Länderkollegen seien daher gefordert und müssten das Tierschutzgesetz entsprechend ändern. "Die Alternative ist da, NEULAND beweist es und es gibt keinen Grund mehr, auch und besonders für den Bauernverband, an der Qual festzuhalten.", so Apel.
Der Deutsche Tierschutzbund ruft die Verbraucher zum Protest auf. Der Appell: Verzichten Sie auf Schweinefleisch oder kaufen sie es nur, wenn Sie sicher sein können, dass die Ferkel unter Narkose kastriert wurden. NEULAND, der Verein für tiergerechte und umweltfreundliche Nutztierhaltung, ist seit dem 1. Mai 2008 konsequent: Bei allen NEULAND-Landwirten erhalten die Ferkel eine Kurzzeitvollnarkose mit dem auch in der Humanmedizin verwendeten Narkosegas Isofluran. Gleichzeitig wird den Tieren ein Schmerzmittel verabreicht, damit der Schmerz nach dem Aufwachen ebenfalls vermindert wird.
Für den Ebergeruch verantwortlich sind Androstenon und Skatol: Androstenon wird beim Eber im Hoden zusammen mit dem Geschlechtshormon (Testosteron) produziert. Androstenon ist ein Sexuallockstoff. Die Synthese beginnt bereits im Ferkelalter und steigt während der Wachstumsphase - besonders ab einem Gewicht von ca. 90 kg - an. Beim Erhitzen des Fleisches kann das leicht flüchtige Androstenon entweichen, das einen schweiß- und urinähnlichen Geruch hat. Dieser wird von vielen deutschen Verbrauchern als sehr unangenehm empfunden.
DBV: Alternativen zu Kastration von Schweinen in der Erforschung, praxisgerechte Lösungen gesucht
Der Deutsche Bauernverband (DBV) erwartet von dem derzeit laufenden EU-weiten Forschungsprojekt „PigCas“ tierschutzgerechte und wirtschaftliche Alternativen zu der üblichen betäubungslosen Kastration von männlichen Ferkeln. Seit Jahrzehnten werden männliche Ferkel bis zum Alter von sieben Tagen kastriert, da der Verbraucher den später entstehenden Ebergeruch ablehnt. Marketingprojekte scheiterten bisher, bei denen für Eberfleisch beim Verbraucher Akzeptanz erreicht werden sollte. In bisherigen Gesprächen zwischen Deutschem Tierschutzbund und DBV bestand Einigkeit, dass man das Ziel verfolge, auf die Kastration gänzlich zu verzichten. Die derzeitigen Forschungen, die von der Züchtung über die Betäubung, den Einsatz von Schmerzmitteln, bis hin zur Immunokastration reichen - also Impfungen, wodurch die männliche Hormonentwicklung unterdrückt wird -sind noch nicht beendet und nicht praxistauglich. Deshalb kann das Ziel der „sanften Kastration“ nur langfristig erreicht werden, stellt der DBV klar.
Das Tierschutzgesetz könne nach DBV-Ansicht nur geändert werden, wenn auch die Voraussetzungen für alternative Behandlungsmöglichkeiten praxistauglich vorhanden seien. Der DBV fordert den Deutschen Tierschutzbund auf, gemeinsam mit dem Lebensmitteleinzelhandel auch eine Veränderung des Einkaufsverhaltens der Verbraucher zu erreichen. Die Landwirtschaft könnte hierauf kurzfristig reagieren. Die vom Deutschen Tierschutzbund heute vorgestellte Änderung des Tierschutzgesetztes sowie die Verwendung des toxisch wirkenden und folglich in Deutschland nicht zugelassenen Betäubungsmittel Isofluran bedeutet keine kurzfristige Problemlösung. Zudem verhindere die Gasbetäubung nicht die Kastration, die nur durch eine vom Verbraucher akzeptierte Ebermast zu umgehen wäre, betonte der DBV. Durch die längere Behandlung der Ferkel bei der vom Deutschen Tierschutzbund und Naturland heute vorgestellten Gasbetäubung, werde zusätzlicher Stress für die Ferkel erzeugt. Die Narkose verhindere auch nicht den Wundheilschmerz, im Gegenteil, sie verlängere sogar die Behandlung und damit die Stressfaktoren für das Ferkel. Der DBV weist darauf hin, dass die Betäubung der Ferkel nach geltendem Recht - anders in der Schweiz - nur Tierärzte vornehmen dürfen. Neben hohen Gerätekosten kämen deshalb für den Schweinehalter auch zusätzliche Tierarztkosten hinzu. Diese Kosten müssten über die Lebensmittelkette an den Verbraucher weitergegeben werden.
Quelle: Deutscher Tierschutzbund e.V. / Deutsche Bauernverband (DBV)