Karbonatausfällung erklärt den Ozonabbau
Archivmeldung vom 28.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittModellstudie zeigt, dass die Karbonatausfällung beim Gefrieren des Meerwassers die "Bromexplosion" in Gang setzen und damit den Abbau des troposphärischen Ozons in den Polargebieten auslösen kann.
Vor einigen Jahren wurde mit Erstaunen entdeckt, dass es nicht nur das
berüchtigte Ozonloch in der Stratosphäre gibt, sondern dass im polaren Frühjahr
Ozon auch in der Troposphäre - der untersten Schicht der Atmosphäre - völlig
verschwinden kann. Gleichzeitig mit dem Ozonverlust steigt die Konzentration von
reaktivem Bromoxid über Meereis und in Küstennähe deutlich an (s. Abb. 1).
Dieses troposphärische Ozonloch wurde deshalb der so genannten Bromexplosion
zugeschrieben, einer Kettenreaktion ausgelöst durch Bromid-Ionen aus dem
Meersalz. Es wurde bislang jedoch noch nicht verstanden, wie dieses Bromid aus
dem leicht alkalischen Meerwasser in gasförmige Substanzen umgewandelt werden
kann obwohl die chemischen Reaktionen dieser Bromexplosion nur in sauren
Lösungen ablaufen.
Wissenschaftler vom Max-Planck Institut für Chemie
(Mainz), dem Institut für Umweltphysik (Bremen) und dem Institut für Meereskunde
(Hamburg) haben nun eine neue und überzeugende Hypothese durch
Computersimulationen mit dem Atmosphärenchemiemodell "MECCA" bestätigt: Wenn
sich im Frühling Risse im Eis bilden (Abb. 2), wird flüssiges Meerwasser der
noch sehr kalten Luft ausgesetzt. Schnell bildet sich an der Oberfläche eine
neue, dünne Eisschicht. Darüber entsteht eine flüssige Salzlake, in der die gut
löslichen Salze enthalten sind. In der Kälte schlechter lösliche Salze wie
Natriumsulfat und Kalziumkarbonat bleiben im Eis zurück. Salzhaltige Teilchen -
Aerosole - werden durch Aufwinde an den Rinnen im Meereis emporgehoben. Der
entscheidende Punkt hierbei ist, dass die so produzierten Aerosole kaum noch
Karbonat enthalten: Im Ozean puffert das Karbonat den pH-Wert im alkalischen
Bereich, das karbonatarme Aerosol kann jedoch leicht angesäuert und somit die
Bromexplosion in Gang gesetzt werden. Ebenfalls von Bedeutung ist, dass eine
Verschiebung der chemischen Gleichgewichte bei kalten Temperaturen die
Kettenreaktion begünstigt. Dies beeinflusst die Oxidationskapazität der
bodennahen Luftschicht und zerstört große Mengen Ozon und führt außerdem noch
zur Ablagerung von Quecksilber in den Polargebieten.
Anders als das Ozonloch in der Stratosphäre hat diese Ozonzerstörung keine direkten Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Die neuen Erkenntnisse über die ablaufenden Reaktionen können aber zu einem besseren Verständnis des Klimasystems beitragen, sie eröffnen auch viele neue Fragen über die zukünftige Zusammensetzung der Atmosphäre beim Abschmelzen der arktischen Meereisdecke sowie der fortschreitenden Versauerung der Ozeane.
Quelle: PressemitteilungInformationsdienst Wissenschaft e.V.