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Insektenschwund bedroht Ökosysteme: Hälfte aller Blütenpflanzen auf Bestäuber angewiesen

Archivmeldung vom 15.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Blumen (Symbolbild)
Blumen (Symbolbild)

Bild: © CC0 / JoshuaWoroniecki / Pixabay

Etwa 50 Prozent aller Blütenpflanzen sind laut einer neuen Studie auf tierische Bestäuber angewiesen. Das zeigt, wie stark die ökologische Vielfalt von den Insekten abhängig ist. Ein Rückgang dieser Bestäuber würde mit hoher Wahrscheinlichkeit gravierende Folgen für die Artenvielfalt haben. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Etwa 175.000 Pflanzenarten – die Hälfte aller Blütenpflanzen – sind für die Samenbildung und damit für ihre Fortpflanzung überwiegend oder vollständig auf tierische Bestäuber angewiesen. Dies ist das Ergebnis der Studie, „die am 13. Oktober 2021 von einem globalen Forschungsnetzwerk mit Beteiligung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Konstanz in der Zeitschrift Science Advances veröffentlicht wurde. Die Studie trägt den Titel: Widespread vulnerability of flowering plant seed production to pollinator declines“ (deutsch: Weit verbreitete Anfälligkeit der Blütenpflanzensamenproduktion für den Rückgang der Bestäuber“.

Ein Rückgang in der Zahl dieser Bestäuber könnte daher zu erheblichen Störungen der natürlichen Ökosysteme führen – einschließlich eines Verlustes der biologischen Vielfalt.

Tierische Pflanzenbestäubung – Studie schließt Lücke

„Unsere Studie ist die erste, die eine globale Einschätzung zur Bedeutung von tierischen Bestäubern für Pflanzen in natürlichen Ökosystemen liefert“, so der Mathematiker James Rodger, Erstautor der Studie, von der Universität Stellenbosch (SU) in Südafrika. Die Studie, an der insgesamt 21 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von fünf Kontinenten beteiligt waren, wurde von James Rodger und Allan Ellis von der SU geleitet. Sie ist ein Projekt des Synthesezentrums sDiv am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv).

Tiffany Knight, eine der leitenden Autorinnen des Fachartikels, sagt, dass die jüngsten globalen Erfassungen der Pflanzenbestäubung eine Wissenslücke in unserem Verständnis der Abhängigkeit der Pflanzen von tierischen Bestäubern aufgezeigt haben:

„Unsere synthetische – sprich zusammenführende – Forschung schließt diese Lücke. Das ist notwendig, um Trends in der Artenvielfalt und Häufigkeit von Bestäubern mit den Folgen für Pflanzen auf globaler Ebene zu verknüpfen“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Knight leitet die Forschungsgruppe Räumliche Interaktionsökologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und iDiv.

Beitrag der Bestäuber zur Samenproduktion

Zwar werden viele Pflanzen von Tieren bestäubt, aber die meisten Pflanzen haben auch eine gewisse Fähigkeit zur Selbstbefruchtung. Das heißt, sie können zumindest einige Samen ohne Bestäuber bilden. Bisher gab es jedoch auf die Frage, wie wichtig Bestäuber für Wildpflanzen sind, auf globaler Ebene keine eindeutige Antwort.

Als Indikator für die Bedeutung der Bestäuber für die Pflanzen diente den Forschenden ihr Beitrag zur Samenproduktion – ermittelt durch den Vergleich der Samenproduktion in Abwesenheit von Bestäubern gegenüber der Samenproduktion in Anwesenheit von Bestäubern. Daten hierzu gab es zwar bereits, diese waren jedoch auf Hunderte einzelner Forschungsarbeiten verteilt, die sich wiederum auf verschiedene Pflanzenarten konzentrierten.

Um dieses Problem zu lösen, begannen Wissenschaftler unterschiedlicher Einrichtungen, die gesammelten Informationen in einer Datenbank zusammenzufassen. Sie enthält Daten aus 1528 voneinander unabhängigen Experimenten, die 1392 Pflanzenpopulationen und 1174 Arten aus 143 Familien von allen Kontinenten außer der Antarktis repräsentieren.

Folge des Insektenschwunds auf natürliche Ökosysteme

Die Ergebnisse dieser Zusammenführung zeigen, dass ohne tierische Bestäuber ein Drittel der Blütenpflanzen keine Samen produzieren würde und die Hälfte einen Rückgang der Fruchtbarkeit um 80 Prozent oder mehr erleiden würde. Auch wenn die Selbstbefruchtung weit verbreitet ist, gleicht diese den Wegfall der Fremdbestäubung durch Tiere bei den meisten Pflanzenarten keineswegs vollständig aus.

„Jüngste Studien zeigen, dass viele Arten von Bestäubern in ihren Populationsgrößen stark zurückgegangen und einige sogar ausgestorben sind. Unsere Erkenntnis, dass eine große Anzahl von Wildpflanzenarten von Bestäubern abhängig ist, zeigt, dass ein Rückgang der Bestäuber erhebliche Störungen der natürlichen Ökosysteme verursachen könnte“, warnt James Rodger.

Mark van Kleunen von der Universität Konstanz, ein weiterer Mitautor der Studie, merkt an, dass hierfür nicht einmal alle Bestäuber verschwinden müssten: „Wenn es weniger Bestäuber gibt oder selbst wenn sich lediglich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den verschiedenen Bestäuber-Arten verschiebt, müssen wir mit Folgewirkungen auf die Pflanzen rechnen. Einige betroffene Pflanzenarten werden dann in ihrer Zahl zurückgehen, was wiederum Tierarten und menschliche Populationen, die von diesen Pflanzen abhängig sind, schädigt. Bestäuber sind nicht nur für die Pflanzenproduktion wichtig, sondern auch für die Artenvielfalt.“

Menschen und Tiere sind auch betroffen

Das bedeute auch, „dass sich Pflanzen, die nicht auf Bestäuber angewiesen sind, wie viele sogenannte ‚problematische Unkräuter‘, noch stärker ausbreiten könnten, wenn die Bestäuber weiter zurückgehen", fügt Mark van Kleunen hinzu.

Joanne Bennet, Mitautorin der Studie, von der Universität Canberra (Australien), hält die sogenannte Rückkopplungsschleife für einen weiteren beunruhigenden Faktor. Sie entsteht, wenn von Bestäubern abhängige Pflanzen zurückgehen oder aussterben:

„Wenn selbstbefruchtende Pflanzen die Landschaft dominieren, hat dies zusätzliche negative Folgen für die tierischen Bestäuber, weil selbstbefruchtende Pflanzen tendenziell weniger Nektar und Pollen produzieren.“

Nach Ansicht von James Rodger ist es jedoch noch nicht zu spät zum Handeln. Viele Pflanzen sind langlebig, was ein Zeitfenster eröffnet, in dem Bestäuber-Arten wieder angesiedelt werden können, bevor es durch ihren Mangel zu einem Aussterben von Pflanzen kommt."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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