Vögel: Familienstruktur beeinflusst Reiseverhalten
Archivmeldung vom 27.03.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVögel passen ihr Reiseverhalten den familiären Verhältnissen an, wie Forscher der University of British Columbia herausgefunden haben. Über einen Zeitraum von elf Jahren gesammelte Daten weisen darauf hin, dass neben familiären Faktoren auch Umstände wie der Rang in der Hierarchie der Gruppe und Umweltfaktoren die Vögel beeinflussen. Untersucht wurde die Gattung der Schwätzer von Forscherin Martha Nelson-Flower.
Geschlecht beeinflusst Verhalten
"Das Verhalten von kleinen Vögeln, wie dem Schwätzer, kann grundsätzlich von dem Vorgehen größerer Zugvögel unterschieden werden", unterstreicht Ornithologe Ivan Maggini von der Veterinärmedizinischen Universität Wien, gegenüber pressetext. "Zugvögel sind beispielsweise weniger von familiären Verhältnissen geprägt. Sie kehren nicht zu den Eltern zurück - wenn sie einmal weg sind, bauen sie ihre eigenen Familien auf."
Große Unterschiede machte Nelson-Flower allem beim Geschlecht der Tiere aus: Weibliche Schwätzer waren ungebundener, blieben jedoch länger bei der ihnen anvertrauten Gruppe. Die männlichen Artgenossen verließen ihre Gruppe hingegen nur auf Dauer, wenn sie Chancen wahrnahmen, woanders eine eigene Gruppe anführen zu können. Die Schwätzer leben in Gruppen mit bis zu 14 Familienmitgliedern in der Kalahari-Wüste Südafrikas.
"Männchen verlassen die Gruppe häufig, wenn es regnet und in der Hoffnung, deswegen woanders mehr Nahrung finden zu können", erklärt Nelson-Flower. "Ein weiterer Grund ist die Möglichkeit, Nachkommen zu zeugen oder wenn die Entfernung zwischen zwei Gruppen klein ist." In dem Fall, so die Wissenschaftlerin, fliegen die männlichen Schwätzer zu anderen Gruppen, um zu überprüfen ob, sie sich dort fortpflanzen können.
Chancenverwertung und Aggression
Noch wichtiger ist männlichen Schwätzern die Chance, ihre männlichen Vorfahren innerhalb der Gruppe zu beerben, weswegen dem Platz, den sie in der Hierarchie einnehmen, ein übergeordneter Stellenwert zugewiesen wird. Jüngere männliche Nachkommen verlassen die Gruppe demnach früher, wenn sie in anderen Gruppen bessere Aufstiegsmöglichkeiten erkennen. Ältere Männchen hingegen flüchten zu anderen Gruppen, wenn Stiefväter ihre eigenen, jüngeren Söhne in der Gruppe priorisieren.
Bei den Weibchen zeichnete sich ein anderes Bild ab: Sie verlassen ihre Gruppe generell später, weil sie darauf warten, mächtigere Konkurrenten in anderen Gruppen zu stürzen. Laut Nelson-Fowler ist dies mit Machterhalt durch Aggression zu erklären: "Ein großes, starkes - aber untergeordnetes - Weibchen kommt in eine Gruppe, in der ein durchschnittliches Weibchen auf einer guten Position sitzt. Letzteres wird dann angegriffen und vertrieben - nicht selten mit der Hilfe der Schwester des attackierenden Weibchens", erklärt die Forscherin.
Quelle: www.pressetext.com/Wolfgang Rudloff