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Klimawandel verschärft die Unterschiede zwischen Nord- und Südeuropa massiv

Archivmeldung vom 13.04.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.04.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Vor einer Verschärfung der Unterschiede zwischen Nord- und Südeuropa warnt der Mitautor des UN-Klimaberichts zu den Folgen des Klimawandels, Prof. Dr. Joseph Alcamo, Direktor des "Center for Environmental Systems Research" von der Universität Kassel. "Die Anzeichen des Klimawandels sind auch in Europa mittlerweile deutlich sichtbar", so Prof. Alcamo.

Der Weltklima-Rat hat am 6. April in Brüssel den zweiten Teil des UN-Klimaberichts vorgestellt, der die drohenden Folgen der Erderwärmung in verschiedenen Weltregionen darstellt. Prof. Alcamo ist einer der Hauptautoren des Kapitels zu den Folgen des Klimawandels in Europa und leitete ein Team von 22 Wissenschaftlern aus 16 Ländern. In dem insgesamt 1400-seitigen Expertenbericht wurde erstmals umfassend untersucht wie sich eine Änderung des Klimas auf Pflanzen, Tiere, den Meeresspiegel, Hochwässer, Trockenheiten und den Menschen auswirkt. Während sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Klimawandel bisher auf die zukünftigen Auswirkungen fokussiert habe, zeige der jetzt erarbeitete Bericht, dass bereits heute Auswirkungen des Klimawandels zu beobachten sind. "Die Zukunft hat bereits begonnen", so Prof. Alcamo, "Europa wird nicht von den Folgen des Klimawandels verschont bleiben!"

Die Zukunft hat schon begonnen- auch Europa ist betroffen
Zwar schienen die meisten der beobachtbaren Veränderungen unspektakulär - etwa das Abschmelzen der Gletscher in den Alpen, die in höhere Regionen verschobene Baumgrenze in den Bergregionen Europas sowie Veränderungen in der Ausbreitung einiger Tier- und Pflanzenarten. Einige der Auswirkungen sind sehr viel unmittelbarer, wie etwa die Hitzewelle des Jahres 2003, die in Europa für 35.000 Todesopfer verantwortlich war und die der UN-Klimabericht als "ohne historisches Vorbild" bezeichnet. Dem Bericht zufolge wird ohne eine Verlangsamung des Klimawandels Mitteleuropa letztlich die gleiche Zahl heißer Tage erwarten können, wie es sie bereits jetzt in Südeuropa gibt. Todesursachen in Folge der Hitzewellen werden sich somit wahrscheinlich in Süd- und Mitteleuropa erhöhen. Prof. Alcamo warnt, dass die Auswirkungen des Klimawandels zudem die Unterschiede zwischen Nord- und Südeuropa verschärfen werden. Dem Bericht der IPCC zufolge wird der Klimawandel in Nordeuropa zwar das Wachstum des Waldes fördern, in Südeuropa aber gleichzeitig durch große Waldbrände Waldflächen vernichten. Dementsprechend wird die Getreideproduktion im Norden des Kontinents steigen, während sie im Süden generell abnehmen wird. Die hohen Temperaturen werden auch zu einem Wandel im sommerlichen Tourismusgeschäft führen, hin in den Norden. Südeuropa, ohnehin für Dürren anfällig, sei einer noch gesteigerten Gefahr von Dürren, Hitzewellen und Waldbränden ausgesetzt. Innerhalb der nächsten 70 Jahre könnte die jährlich verfügbare Menge Wasser im Süden um ein Drittel abnehmen, im Norden hingegen um ein Fünftel zunehmen. Aber auch Nordeuropa wird zunehmend von den negativen Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein - etwa durch die Zunahme von Winterüberschwemmungen, die zunehmende Zahl gefährdeter Pflanzen- und Tierarten und generell ein höheres Risiko des Auftretens von Waldschäden. Letztlich, so der Bericht, werden auch in Nordeuropa die negativen Auswirkungen des klimatischen Wandels die positiven überwiegen.

Deutschland und der Rest Mitteleuropas wird ebenfalls von diesen negativen Folgen betroffen sein, zu denen steigende Zahlen von Überschwemmungen im Inland und an der Küste gehören sowie trockenere Sommer und erhöhter Beanspruchung der Wasserressourcen. Ganz Europa sieht sich einem erhöhtem Auftreten von Überschwemmungen und einer wachsenden Anzahl gefährdeter Pflanzen- und Tierarten gegenüber. Bis 2080 könnten zwischen einem Viertel bis zur Hälfte aller europäischen Pflanzenarten bedroht, stark gefährdet oder am Rande des Aussterbens stehen, verursacht durch klimabedingten durch Stress.

Prof. Alcamo: Nicht in Panik verfallen, sondern überlegt handeln
Der Bericht biete keinen Anlass zur Panik, wie Prof. Alcamo weiter ausführt. Er zeige aber, dass es Zeit sei für ernsthafte Anstrengungen, sich dem Klimawandel in allen Aspekten des täglichen Lebens anzupassen. "Jedesmal, wenn eine neue Brücke oder eine neue Straße gebaut wird, ein Bürogebäude errichtet oder die Bebauung eines Küstenstreifens geplant wird, müssen die Auswirkungen es Klimawandels (mit) einkalkuliert werden", fordert der Umweltexperte aus Kassel.

Kohlendioxid-Reduktion würde mehr Zeit zum Handeln schaffen
Aus den Expertenergebnissen folgt erneut die Forderung nach einer drastischen Reduktion von Treibhausgasemissionen. "Wir müssen den Klimawandel soweit wie möglich verlangsamen, indem wir drastisch den Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibgasen senken. Je weniger CO2 wir in die Atmosphäre freisetzen, desto mehr Zeit haben wir, uns an die unvermeidlich steigenden Temperaturen und das feuchtere oder trockenere Klima anzupassen", führt Prof. Alcamo aus. Wie der IPCC-Bericht deutlich aufzeigt, werden es die ärmeren nicht-europäischen Staaten sein, welche nicht wie Europa über die Kapazitäten zur Anpassung an den Klimawandel verfügen, die am stärksten von häufiger auftretenden Küstenüberschwemmungen, Hitzewellen und anderen negativen Folgen des Klimawandels betroffen sein werden. "Ich glaube," so Prof. Alcamo "dass Europa als einer der Hauptverursacher von CO2 eine moralische Verpflichtung hat, den bedrohten ärmeren Ländern zu helfen, indem die europäischen Treibhausgasemissionen verringert werden und dadurch der Klimawandel verlangsamt wird. Zusätzlich müssen wir die Technologien und Finanzmittel bereitstellen, um den ärmeren Ländern zu helfen, sich an den Klimawandel anzupassen, der unvermeidlich ist."

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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