Umweltverbände: Erhalt der Artenvielfalt zur Chefsache machen
Archivmeldung vom 23.08.2019
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Freigeschaltet durch André OttAnlässlich des G7-Gipfels in Biarritz fordert ein breites Bündnis aus deutschen Umweltverbänden die Unterstützung der Bundeskanzlerin für eine französische Initiative zum Schutz der Artenvielfalt.
Kanzlerin Angela Merkel muss dafür sorgen, dass der Kampf gegen das weltweit dramatisch voranschreitende Artensterben und den Verlust der Natur auf dem G7-Gipfel endgültig zur Chefsache gemacht wird, fordern die Verbände. "Der Internationale Biodiversitätsrat (IPBES) prognostiziert, dass in den nächsten Jahrzehnten eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind. Wenn das Realität wird, ist die Menschheit selbst in Gefahr. Die Bundeskanzlerin muss gemeinsam mit Gastgeber Emmanuel Macron und anderen Staatschefs eine starke Allianz für die Artenvielfalt und den Erhalt der Natur schmieden", so die Umweltverbände. Nur so könnten Regenwälder, Mangroven, Korallenriffe und andere wertvolle Lebensräume vor der weiteren Zerstörung bewahrt werden.
Die doppelte Krise des Artensterbens, die Zerstörung der Ökosysteme und die zunehmende Erderhitzung bedroht unsere Lebensgrundlagen, unsere Gesundheit, Sicherheit und Wirtschaft in einer nie da gewesenen Art und Weise. Denn leider werden die bestehenden internationalen und europäischen Vereinbarungen nur schleppend in Taten umgesetzt. Strafverfahren der EU gegen Deutschland wegen mangelhafter Ausweisung von Schutzgebieten oder Überdüngung seien hierfür nur Beispiele, mahnen die Umweltverbände.
Die G7-Chefs müssten daher bei ihrem Treffen ein deutliches Zeichen setzen. Die von Frankreich initiierte Erklärung der G7-Umweltministerinnen und Umweltminister zur Erhaltung der Natur und zum Stopp des Artenschwundes, die sogenannte "Charta von Metz zur biologischen Vielfalt" vom 6. Mai 2018, müsse von Deutschland uneingeschränkt und mit Nachdruck unterstützt werden. Bundeskanzlerin Merkel sollte hier den Schulterschluss mit Frankreichs Präsident Macron herstellen und die anderen Staatschefs auf einen klaren Naturschutzkurs einschwören.
Die G7-Staaten müssen außerdem vereinbaren, den Stopp des Artensterbens im kommenden Jahr zum Top-Thema des nächsten G20-Gipfels in Saudi-Arabien sowie der 75. UN-Generalversammlung im Jahr 2020 machen. Denn nur so könne der "Weltnaturschutzgipfel" im chinesischen Kunming im Oktober 2020 ein Wendepunkt für die Rettung der Biodiversität werden.
Ausgehend von der Charta von Metz muss der G7-Gipfel nach Ansicht der Verbände folgende vier Kernforderungen konkret aufgreifen:
1. Wende in der Wirtschaftspolitik: Ein neues internationales Abkommen muss endlich primär und effektiv die Treiber des Artensterbens angehen. Dafür ist eine grundlegende Wende in der Nutzung von Landflächen und Meeren hin zu einer natur- und klimaschonenden Land-, Waldwirtschaft und Fischerei einzuleiten, wie vom Weltbiodiversitätsrat angemahnt. Hierzu gehört die rasche Abschaffung aller naturschädlichen Subventionen ebenso wie die Etablierung positiver Anreize zur Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen.
2. Schutzgebiete: 30 Prozent der Land- und Meeresfläche müssen bis zum Jahr 2030 im Einklang mit indigenen Völkern und lokalen Gemeinden effektiv für den Erhalt der Natur geschützt werden. Hierfür sind Regeln und Gelder notwendig, die sicherstellen, dass damit die wichtigsten Gebiete für den Erhalt der Artenvielfalt und Ökosysteme gesichert, gut gemanagt, ausreichend finanziert und untereinander vernetzt werden. Dabei sind die Bedürfnisse von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften zu berücksichtigt.
3. Finanzierung: Die Investitionen in den Schutz unserer Lebensgrundlagen müssen enorm gesteigert werden. Die G7-Länder müssen ihre Investitionen in den Naturschutz massiv erhöhen. Damit würde auch ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens durch den Schutz wichtiger Kohlenstoffsenken geleistet werden. Deutschland macht dabei seine eigenen Hausaufgaben bisher nicht. Bund und Länder müssen ihre Ausgaben für den Schutz von Arten und Lebensräumen von derzeit gut 500 Millionen Euro auf mindestens 1,4 Milliarden Euro jährlich steigern.
4. Kontrolle: Konkrete und einheitliche Umsetzungs- und Berichtspflichten für die 196 Vertragsstaaten müssen sicherstellen, dass Regierungen, die die Naturschutzziele in ihren Ländern nicht ausreichend umsetzen, öffentlich zur Rechenschaft gezogen werden.
Im zweiten Halbjahr 2020 wird die Bundesregierung die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen und daher eine große Verantwortung dafür tragen, dass gemeinsam mit dem Gastgeber China auf der 15. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD COP15 in Kunming/China) die richtigen Weichenstellungen für das nächste Jahrzehnt gestellt werden. Ein Versagen der Bundesregierung, der EU und der Weltgemeinschaft beim Schutz der Artenvielfalt und der Ökosysteme würde in naher Zukunft zu irreparablen Schäden nicht nur mit verheerenden Folgen für unsere Lebensgrundlagen, sondern auch mit immensen Kosten für Wirtschaft und Gesellschaft führen", so die Verbände.
Quelle: NABU (ots)