Salzwasser auf Rost liefert jetzt viel Strom
Archivmeldung vom 01.08.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSalzwasser über Rost fließen lassen - im Prinzip könnte das die Zukunft der Stromgewinnung sein. Denn Forscher des California Institute of Technology (Caltech) und der Northwestern University haben entdeckt, dass der von Graphen bekannte elektrokinetische Effekt auch auftritt, wenn sich Salzwasser über eine Eisenoxid-Dünnschicht bewegt. Das erzeugt genug Strom, dass es für praktische Anwendungen interessant sein dürfte - nicht zuletzt, weil Rost einfach relativ günstig ist.
Bewegung statt Chemie
Wenn Salzwasser mit Metallverbindungen in Kontakt kommt, erzeugt das oft Strom, allerdings normalerweise durch chemische Reaktionen - darauf basieren manche Akkutechnologien. Im Fall von Eisenoxid, vulgo Rost, tritt jedoch ein Effekt auf, der bislang speziell vom Kohlenstoff-Material Graphen bekannt war. "Wenn man einen Tropfen Salzwasser nimmt und über Graphen zieht, wird man sehen, dass etwas Strom erzeugt wird", erklärt Caltech-Chemieprofessor Tom Miller. Es ist dabei Bewegungsenergie des Wassers, die in Strom umgewandelt wird, da im Prinzip Ionen im Wasser Elektronen aus dem Festkörper mitziehen.
Eben dieser elektrokinetische Effekt funktioniert auch bei einer Eisenoxid-Dünnschicht. "Das ist im Prinzip einfach Rost auf Eisen, also ist es leicht, das großflächig herzustellen", betont Miller. Eben das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber Graphen. Einfach Altmetall rosten lassen, reicht zwar nicht, da es sich um gleichmäßig dünne Eisenoxid-Schichten handeln muss. Die Forscher haben physikalische Dampfablagerung genutzt, um aus Eisenoxid-Dampf eine nur zehn Nanometer dicke Schicht zu erzeugen. Da Rost aber grundsätzlich billig ist, sollte auch die Herstellung von großen Schichten für praktische Anwendungen recht günstig möglich sein.
Echtes Anwendungspotential
Wie die Forscher in "Proceedings of the National Academy of Sciences" berichten, hat Salzwasser auf ihrer Schicht je nach Konzentration Spannungen von einigen zehn Millivolt und Stromstärken von einigen Mikroampere pro Quadratzentimeter Eisenoxid verursacht. Das ist genug, dass sich das auch wirklich auf praktische Anwendungen hochskalieren ließe. "Platten von zehn Quadratmetern würden einige Kilowatt pro Stunde liefern - genug für einen US-Haushalt", sagt Miller. Zunächst dürften etwas weniger energieintensive Anwendungen aber interessanter sein.
Potenzial orten die Forscher speziell dort, wo Salzwasser ohnehin über vom Menschen gefertigte Oberflächen fließt, beispielsweise bei Gezeitenkraftwerken oder Bojen auf dem Meer. Denkbar scheint etwa, dass letztere auf diese Art passiv energiesparende Sensoren mit Strom versorgen. Ein weiteres mögliches Anwendungsfeld ist die Medizin. Miller verweist darauf, dass im Prinzip Salzwasser durch unsere Venen pulsiert. "Das könnte genutzt werden, um Strom für Implantate zu erzeugen."
Quelle: www.pressetext.com/Thomas Pichler