Energie aus der Wüste?
Archivmeldung vom 25.05.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićIn regelmäßigen Abständen wird in den Mainstreammedien die Idee aufgegriffen, Sonnenenergie in der Sahara oder anderen Wüstengebieten zu ernten. (www.spiegel.de/wissenschaft/technik/desertec-was-wurde-aus-den-solarkraftwerken-in-nordafrika-a-1196664.html). Unter allen anderen Ideen die Sonnenenergie zu gewinnen, erscheint dieses Konzept auf den ersten Blick am sinnvollsten: Es gibt in der Sahara nahe am Äquator kaum einen Jahresgang der Sonneneinstrahlung. Wolken und Niederschläge sind in dieser Weltgegend auch selten. Dies berichtet das Magazin "Unser Mitteleuropa".
Weiter berichtet das Magazin: "Es gilt letztlich nur den Tagesgang der vorhersehbaren Sonneneinstrahlung zu glätten, was wesentlich einfacher erscheint, als der fluktuierende Ertrag von Windrädern (siehe klimaschwindel.net/Anzahl_Windrad/Windraddaten.html), die unter Umständen tagelang still stehen können. Die Gebiete sind kaum bewohnt und irgendwelche Umweltschäden sind auch nicht zu erwarten. Lediglich das Klima könnte sich ändern, da sich z.B. Photovoltaikmodule wegen der vollständigen Absorption der Sonnenenergie stärker aufheizen als ihre Umgebung. Im „schlimmsten“ Fall könnte durch diese stärkere Erwärmung die Konvektion der Luft verstärkt werden und mehr Bewegung in der Atmosphäre der Wüste und somit mehr Niederschlag kommen.
Um diese Idee auf Schiene zu bringen wurde 2009 die Desertec Foundation gegründet, mit dem Ziel der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität eines derartigen Unterfangens.
Dazu Wikipedia: „Am 22. Mai 2015 begann die Desertec Foundation gemeinsam mit ihrem neuen Kuratoriumsvorsitzenden Roland Berger die nächste Phase der Realisierung der globalen Vision. Nachdem die GmbH die Machbarkeit der Vision aus Industrieperspektive in mehreren Reports bestätigte, sieht die Stiftung die Vision nun in der Implementierungsphase. Berger schloss hierfür am 22. Mai 2015 einen Generationenvertrag mit Jugendlichen aus aller Welt mit der Zielsetzung einerseits Wüstenstrom für den lokalen Verbrauch zu produzieren, andererseits dafür Bewusstsein zu schaffen, dass Wüstenstrom auch Industrienationen helfen kann, deren nationale Energiewende zu beschleunigen.“
Dieses Zitat ist wohl das Eingeständnis, dass der ganze Plan komplett gescheitert ist. Das ganze Projekt ist das Ergebnis von irgendwelchen Traumtänzern, ohne Bezug zu irgendeiner Realität. Mit ein paar einfachen Überlegungen kann sich jeder selbst überzeugen, wieso dieses Projekt nicht durchführbar ist:
Angenommen der Energiebedarf Europas soll durch die Sonnenenergie in der Sahara gedeckt werden. Wie groß müssten die Flächen der PV-Module sein?
Der jährliche Energiebedarf Europas beträgt derzeit 1551,9 Millionen Tonnen Rohöläquivalent. Dies entspricht 18 1012 KWh.
Die Solarkonstante beträgt 1.367 /KWm². Ein Quadratmeter Sonneneinstrahlung liefert somit 1.367*24*365= 11.975 103 KWh pro Jahr. Es werden somit rein theoretisch 1.5 109 m² oder 1.500 Km² Fläche benötigt.
Bei dieser Flächenberechnung ist allerdings der Tagesgang der Sonne noch unberücksichtigt. Da die Kugeloberfläche viermal so groß ist wie die Querschnittsfläche, muss noch dieser Geometriefaktor vier bei starr montierten Solarpanelen berücksichtigt werden. Werden beweglich montierte PV-Paneele verwendet, so reduziert sich der Geometriefaktor um den Faktor 2. Allerdings erhöhen sich auch die Kosten für die Anordnung. Es werden daher bei starr montierten Paneelen 6.000 Km² Fläche benötigt. Hier ist allerdings der Wirkungsgrad der Paneele selbst noch unberücksichtigt. Dieser beträgt z.B. 15%. Damit erhöht sich jetzt der Flächenbedarf auf 40.000 Km². Will man jetzt statt ein tageszeitlich alternierendes Stromangebot ein annähernd konstantes Stromangebot, so muss der Strom zwischengespeichert werden. Dafür kommt derzeit nur Wasserstoff in Frage, der erst durch Elektrolyse gewonnen wird und danach über Brennstoffzellen wieder in Strom gewandelt werden muss.
Der Wirkungsgrad dieses Prozesses beträgt etwa 40% Prozent. Dazu kommen noch Verluste durch die notwendige Verdichtung des Gases (12 Prozent). Es ergibt sich also ein Wirkungsgrad von 35 Prozent. Die notwendige Fläche steigt auf 113.600 Km². Hinzu kommen dann noch Übertragungsverluste. Diese betragen für die in Frage kommenden Entfernungen, im günstigsten Falle bei Übertragung mit einer Hochspannungs-Gleichstrom-Leitung (de.wikipedia.org/wiki/Hochspannungs-Gleichstrom-%C3%9Cbertragung) 14%. Die notwendige Fläche von PV-Modulen steigt somit weiter auf 132.000 Km²!
Ist Solarthermie eine Alternative?
Alternativ zu Photovoltaikpaneele kann auch Solarthermie (de.wikipedia.org/wiki/Sonnenw%C3%A4rmekraftwerk) betrieben werden. Das Sonnenlicht wird mit Parabolspiegel gebündelt und mit der konzentrierten Energie ein Medium (z.B. Wasserdampf, oder ein Salz) erhitzt. Diese Anordnung kann die Wärme auch über Nacht speichern, womit die Speicherung über Wasserstoff entfällt. Allerdings sind die Flächenbedarfe für derartige Anlagen pro Energieeinheit um mindestens einen Faktor 100 größer, als bei einer Anlage mit PV-Paneelen. Für den Energiebedarf für Europa würde die gesamte Fläche der Sahara benötigt werden. Die Kosten für eine derartige Energieerzeugung sind nicht berechenbar.
Für Vögel sind derartige Anlagen tödlich. Jeder Vogel der in die gebündelte Sonnenstrahlung gerät, verschmort auf der Stelle. Großflächige Anlagen dieser Art bedeuten das Aussterben aller Vogelarten in dem betroffenen Gebiet.
Bei der Variante mit den PV-Modulen muss noch berücksichtigt werden, dass man nicht die gesamte Fläche in Einem auskacheln kann. Jedes Panel muss durch einen etwa 3 Meter breiten Fahrstreifen zugänglich sein. Hinzu kommt, dass man auf einer derart großen Fläche natürlich noch Straßen, Flughäfen und Siedlungen braucht. Auch muss bedacht werden, dass ein Teil der Paneele durch Sanddünen bedeckt sein wird, was sich allerdings nicht berechnen lässt. Man kann getrost davon ausgehen, dass sich der Flächenbedarf nochmals verdoppeln würde.
Die Kosten der Stromproduktion sind ebenfalls nicht berechenbar. Dabei sind die Kosten für die PV-Module selbst nur ein kleiner Teil der Gesamtkosten (etwa 1.000 Euro pro KWp). Nimmt man an, dass für ein KWp etwa 6m² PV-Module notwendig sind, so entsprechen die 132000 Km² etwa 22 109 KWp oder 22. 1012 Euro, oder 22 Billionen Euro!Berechnet man die Investitionskosten pro installierter Kilowattstunde, so ergibt sich ein Preis von 1.2 Euro, oder auf 20 Jahre gerechnet etwa 6 Cent nur für die PV-Module. Betriebskosten sind da nicht mitgerechnet! Derzeit kostet die Kilowattstunde am Strommarkt etwa 3.5 Cent.
Hinzu kommen die Kosten für die Halterung jedes einzelnen Moduls in der Größenordnung der Kosten für die PV-Module, die notwendige Zwischenspeicherung, die Übertragungsnetze nach Europa, Straßen, neue Siedlungen, und und und! Man weiß einfach nicht, wo man mit dem Rechnen aufhören soll!
Damit wird klar, dass jeder Investor mit Restverstand sich von so einem Projekt schaudernd abwendet und Herr Roland Berger unbedarfte Jugendliche für sein Projekt mobilisieren will!
Wenn sich also die Stromproduktion in der Wüste mit PV-Modulen nicht rechnet, wie soll sich Selbiges in Europa rechnen?
Produktion und Entsorgung vom PV-Modulen:
Die notwendige Anzahl der PV-Module für ein derartiges Projekt übersteigt die derzeitige Weltjahresproduktion um das mehr als Hundertfache. Die notwendigen Basisstoffe, Silizium, Kupfer und Aluminium sind zwar ausreichend vorhanden, nicht jedoch die notwendigen Stoffe zur Dotierung des Siliziums: Indium, Gallium, Tellur und Selen. In Wikipedia kann man über die Verfügbarkeit dieser Stoffe nachlesen:
Bei den oben genannten seltenen Solarzellenmaterialien überschreitet der weltweite Verbrauch (Indium etwa 850 Tonnen, bei Gallium etwa 165 Tonnen) die jährliche Produktionsmenge. Nachhaltigkeit sieht wieder einmal anders aus. Hinzu kommt, dass sämtliche PV-Module nach etwa 20 Jahren ersetzt werden müssen. Es ist also fraglich, ob auf der Basis der derzeitigen Technologien eine derartige Menge an PV-Modulen überhaupt produzierbar wäre?
Ungelöst ist natürlich auch die nachhaltige Entsorgung einer derartigen Menge an PV-Modulen. Die dafür notwendigen Anlagen müssen auch erst gebaut werden.
Politische Probleme:
Ein weiteres Problem ist der politische Aspekt dieses Unterfangens: Wie will man derartig gigantische Investitionen, die dann für Europa lebenswichtig wären, absichern? Wäre eine militärische Besetzung notwendig? Müsste Europa Teile von Afrika wieder kolonisieren? Politische Konflikte sind fast unausweichlich!
Quelle: Unser Mitteleuropa