Schwarz-rote Bundesregierung mit mäßiger Öko-Bilanz
Archivmeldung vom 13.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit Blick auf ein Jahr schwarz-rote Bundesregierung hat der Naturschutzbund NABU eine mäßige Bilanz der Umweltpolitik gezogen und die Politiker aufgefordert, die Weichen für einen nachhaltigen Natur- und Umweltschutz zu stellen.
"Angesichts des
Klimawandels, des dramatischen Artensterbens und der zunehmenden
Luftverschmutzung können wir es uns nicht leisten, den Natur- und
Umweltschutz zu vernachlässigen", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke
anlässlich der NABU-Bundesvertreterversammlung in Mannheim. Zu einer
zukunftsfähigen Energiepolitik gehörten der Ausbau der erneuerbaren
Energien, Maßnahmen zur Energieeffizienz, ein wirksamer
Emissionshandel und die Besteuerung von Flugbenzin.
Aus Umweltsicht völlig unakzeptabel sei die Verabschiedung der
Föderalismusreform, die dem Länderwettlauf um niedrige
Umweltstandards Tür und Tor geöffnet habe. Besonders negativ falle
die Öko-Bilanz im Verkehrsbereich aus. Mit dem Gesetz zur
Beschleunigung von Bauhaben für Infrastrukturprojekte werden künftig
die Mitspracherechte der Bürger massiv beschnitten. Die Kürzung der
Bundesmittel für den öffentlichen Nahverkehr bis 2009 um insgesamt
1,8 Milliarden Euro lasse wenig Engagement im Kampf gegen
Lärmbelastung und Umweltverschmutzung erkennen. Die NABU-Delegierten
forderten von der Bundesregierung konsequente Maßnahmen zum
Lärmschutz im Schienenverkehr sowie den Verzicht auf den weiteren
Ausbau der Unter- und Außenelbe.
Positiv sei die Entscheidung, 125.000 Hektar national bedeutsamer
Naturschutzflächen langfristig für den Naturschutz zu sichern und sie
den Ländern oder einer Bundesstiftung zu übertragen. Auch die
geplante Novellierung der Verpackungsverordnung, die mehr
Produktverantwortung und Transparenz bei der Entsorgung will, weise
in die richtige Richtung. Aus Sicht des NABU müsse die
Bundesregierung die EU-Präsidentschaft und den G8-Gipfel im Frühjahr
nutzen, um den internationalen Klimaschutz weiter voranzubringen und
sich für einen generellen Importstopp für Wildvögel einzusetzen. Um
den enormen Artenschwund zu stoppen, müsse endlich eine nationale
Biodiversitätsstrategie verabschiedet werden. "Die Bundesregierung
ist 2008 Gastgeber der Vertragsstaaten der Konvention über die
biologische Vielfalt. Sie kann es sich nicht leisten, in Sachen
nationaler Umsetzung mit leeren Händen dazustehen", so Tschimpke.
Bislang sei auch das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer Politik
der Nachhaltigkeit nur Ankündigung geblieben. "Wir brauchen endlich
klare Zielvorgaben für besseren Klimaschutz, eine naturverträglichere
Landwirtschaft, weniger Flächenverbrauch und eine geringere Belastung
von Luft und Böden", so der NABU-Präsident.
Trotz vielversprechender Ankündigungen seitens Ministerpräsident
Günther Oettinger lasse auch das Land Baden-Württemberg eine Politik
der Nachhaltigkeit leider nach wie vor vermissen, kritisierte der
Landesvorsitzende des NABU Baden-Württemberg, Stefan Rösler. Im Juni
habe Oettinger eine Nachhaltigkeits-Offensive für diesen Herbst
angekündigt. "Leider ist der Startschuss noch nicht offiziell
gefallen. Auffallend mutig voran geht das Land derzeit zwar beim
Engagement für die Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken und für
das umstrittene Bahn-Projekt Stuttgart 21, nicht aber für die
Nachhaltigkeitsstrategie", stellte Rösler fest. Dabei sei es gerade
jetzt entscheidend, seitens der Landesregierung Eckpunkte der
Nachhaltigkeitsstrategie zu konkretisieren, damit diese bei den
anstehenden Haushaltsberatungen berücksichtigt werden können.
Dass gegen die Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens in Bund wie Land
nach wie vor tagtäglich verstoßen werde, belege unter anderem die
Entwicklung der Kohlendioxid-Emissionen, der fortschreitende
Flächenverbrauch, die Nitratbelastung des Grundwassers, der
Pestizidgehalt von Obst und Gemüse und der Rückgang vieler Tier- und
Pflanzenarten. "Jede Finanzentscheidung der öffentlichen Hand muss
daher künftig mit einem Nachhaltigkeits-Check hinterlegt werden",
forderte Rösler. Dies spare teuren Reparaturbetrieb und damit
Folgekosten für öffentliche Haushalte, Steuerzahler und künftige
Generationen. Der NABU erneuerte dabei sein Kooperationsangebot an
die Landesregierung, den Weg Baden-Württembergs zum
"Nachhaltigkeitsland" aktiv und konstruktiv zu begleiten.
Quelle: Pressemitteilung NABU