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Atomstrom weniger sauber als angegeben

Archivmeldung vom 11.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Die Brennstäbe im AKW Beznau werden seiner Umwelterklärung zum Verhängnis. Bild: Wikimedia Commons
Die Brennstäbe im AKW Beznau werden seiner Umwelterklärung zum Verhängnis. Bild: Wikimedia Commons

Der schweizer Energieriese Axpo hat angekündigt, die Umwelterklärung für das Atomkraftwerk Beznau zu korrigieren. Die in Russland hergestellten Brennstäbe des Kraftwerks werden nicht aus der Abrüstung russischer Kernwaffen gewonnen, wie dies bisher dargestellt worden war.

Die Umweltorganisation Greenpeace auf deren Kritik Axpo entsprechende Untersuchungen eingeleitet hatte, fordert indes eine Verschärfung des Kernenergiegesetzes hin zu mehr Transparenz für Brennstoffkreisläufe.

Kein Beitrag zur Abrüstung

Axpo hatte bisher in einer Umweltdeklaration mit geringem Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß des AKWs Beznau geworben. Die Faktoren Bau, Brennstoffherstellung und Endlagerung würden in Summe bloß 3,04 Gramm CO2 pro Kilowattstunde betragen, was weniger sei als die Werte der meisten erneuerbaren Energieformen. Greenpeace kritisierte bereits im Vorjahr, dass die in der Erklärung angeführte Herstellungsweise des Uran-Brennstoffs nicht den Tatsachen entsprechen würde. Eine in Folge von Axpo eingeleitete Untersuchung musste diesen Vorwürfen Recht geben, wie der Konzern gestern, Mittwoch, mitteilte.

Das verwendete nukleare Material stammt demnach nicht aus der Abrüstung russischer Kernwaffen, wie Axpo dies zuvor behauptet hatte, sondern aus verbrauchtem Brennstoff aus Schiffen und Reaktoren. Zudem bestätigte die Axpo-Nachforschung die Greenpeace-Vermutung, was die Weiterverwendung des nuklearen Materials betrifft, das im Abtausch mit hochangereichertem Material bei den Betreibern der Brennstofffabrik zurückbleibt. Der Großteil wird entweder zu weiteren Brennstäben verarbeitet oder auch in Reaktoren vom Typ RBMK eingesetzt, wozu auch das mittlerweile stillgelegte AKW Tschernobyl zählt.

CO2-Bilanz greift zu kurz

Axpo zufolge wird sich die Klimabilanz des AKW Beznau durch diese Erkenntnis nur geringfügig erhöhen, was eine Neuzertifizierung beweisen soll. Stefan Füglister, der im Auftrag von Greenpeace die Nachforschungen erhoben hat, äußert gegenüber pressetext starke Bedenken dagegen. "Nicht nur die CO2-Menge, sondern alle verursachten Schadstoffe müssten dargelegt werden, vor allem die radioaktive Verstrahlung am Aufbereitungsort." Für zulässige Vergleiche von Atromstrom mit anderen Energiequellen wäre es notwendig, neue Ökostandards zu etablieren, die sich nicht nur auf Kohlendioxid beschränken.

Der Atomenergie-Kritiker geht jedoch noch weiter. Russisches Kernmaterial aus Schiffsreaktoren werde für die Schweizer Brennstäbe im sibirischen Majak aufgearbeitet, einem infolge wiederholter Atomunfälle extrem radioaktiv verseuchten Ort. "Zudem trägt die Schweiz mit dem als Abtausch gelieferten Material dazu bei, dass unsichere Reaktoren in Russland gefüttert werden. Die Darstellung des Atomstroms als saubere Lösung ist somit völlig unzulässig", so Füglister. Notwendig sei ein Gesetz, das die Transparenz von Brennstoffkreisläufen sicherstelle. Russische Brennstäbe, deren Herkunft meist nicht näher deklariert sei, würden laut dem Experten außer in die Schweiz auch nach Deutschland und in die Niederlande importiert.

Aufarbeitungsort muss erst geklärt werden

Axpo kann auf pressetext-Anfrage nicht bestätigen, dass die Wiederaufarbeitung des Urans, das später in die Brennelemente eingebaut wird, in Majak geschieht. "Derzeit wird der genaue Produktionsort abgeklärt. Mit einem Ergebnis ist jedoch erst in Wochen bis Monaten zu rechnen", so Mediensprecherin Anahid Rickmann. Die radioaktive Strahlung aller Anlagen - wozu auch diejenige Wiederaufarbeitung zähle - sei gemäß den Betreiberangaben anteilsweise für die eigenen Produkte in deren Herstellungsjahr in die Umweltbilanz aufgenommen und in der Deklaration ausgewiesen worden.

Ebenso würde man in dem Fall verfahren, dass eine zusätzliche russische Wiederaufarbeitungsanlage zu berücksichtigen sei. "Nicht berücksichtigt werden dabei allerdings Emissionen aus vergangenen Jahrzehnten, die für unsere Brennstoffproduktion nicht relevant sind", betont Rickmann.

Quelle: pressetext.schweiz (Johannes Pernsteiner)

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