Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation
Sie sind hier: Startseite Nachrichten Natur/Umwelt Ceausescus fliegende Bären: Genetischer Nachweis für ungewöhnlichen Ausbreitungsweg

Ceausescus fliegende Bären: Genetischer Nachweis für ungewöhnlichen Ausbreitungsweg

Archivmeldung vom 26.02.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.02.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Im Kormisosh-Auswilderungs-gehege in Bulgarien werden auch heute noch Bären gehalten.
Quelle: © Aleksandar Dutsov, Balkani Wildlife Society. (idw)
Im Kormisosh-Auswilderungs-gehege in Bulgarien werden auch heute noch Bären gehalten. Quelle: © Aleksandar Dutsov, Balkani Wildlife Society. (idw)

Eine genetische Studie an Braunbären im Balkangebirge und in den Rhodopen in Bulgarien zeigt, dass hier Bären vorkommen, deren Vorfahren aus den Karpaten stammen. Wie sind sie dort hingekommen? Natürliche Wanderung ist unwahrscheinlich. Tatsächlich wurden die Vorfahren dieser Bären eingeflogen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Senckenberg Fachgebietes Naturschutzgenetik veröffentlichten in der Zeitschrift "Conservation Genetics“ gemeinsam mit rumänischen und bulgarischen Naturschutzorganisationen sowie der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt den Beleg für eine legendäre Geschichte von für einen Diktator gezüchteten und angelieferten Bären.

Der Braunbär ist in Europa eine stark bedrohte Art. Während die großen Beutegreifer im Westen des Kontinents bereits weitgehend ausgerottet wurden, existieren in Russland, den Karpaten und in den Gebirgsregionen auf dem Balkan noch größere Populationen. „Über einige dieser letzten großen Bärenbestände wissen wir leider weder die genaue Verbreitung noch die Anzahl an Tieren“, stellt Dr. Carsten Nowak, Wildtiergenetiker bei Senckenberg, fest. Gefördert von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt untersuchten daher Wissenschaftler des Fachgebiets Naturschutzgenetik und des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) zusammen mit der Milvus Group – Bird and Nature Protection Association und der Balkani Research Society die DNA der Tiere.

Seit 2009 wurden über 200 Kot- und Haarproben von Bären gesammelt und über genetische Analysen die Individuenanzahl in einem Gebiet sowie der regionale Isolationsgrad bestimmt. Bei den Verwandtschaftsanalysen fiel den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Dr. Carsten Nowak und die Doktorandin Christiane Frosch ein ungewöhnliches Muster auf: In drei Regionen im nördlichen Balkangebirge sowie den südlicheren Rhodopen fanden sie Material, das genetisch nicht zu den übrigen Proben passte. Einige Bären weisen scheinbar keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu den übrigen Bären im Land auf. Woher kommen diese Bären oder woher stammen ihre Vorfahren?

Die Lösung des Rätsels fand das Team, als sie die "Ausreißer" mit DNA-Profilen von Bären aus weiter entfernten Regionen verglichen: Alle Proben passten statistisch zur Bärenpopulation in den rumänischen Karpaten. Dazwischen liegen mehrere hundert Kilometer. Bären können tatsächlich sehr weit wandern.

„Wir können zwar die Möglichkeit nicht gänzlich ausschließen, dass ein Wanderkorridor zwischen den Karpaten und der Balkanregion und somit eine natürliche Ausbreitung auf dieser langen Strecke möglich ist“, erläutert Nowak, „aber die geografische Entfernung der genetischen „Ausreißer“ zum einzigen möglichen Wanderkorridor machen den Luftweg sehr viel wahrscheinlicher.“

Bärenjagd – ein Diktatoren-Hobby?

Recherchen und Ortsbegehungen erbrachten folgende Erklärung: Zur Zeit des Sozialismus waren einige der osteuropäischen Regierungschefs besessene Bärenjäger. Der rumänische Diktator Nicolae Ceausescu (1918-1989) soll weit über 1000 Bären erlegt haben, die ihm von Helfern regelrecht vor die Flinte getrieben wurden. Ceausescus Bären wurden zu Jagdzwecken auch in Zuchtgehegen gepäppelt, um immer Nachschub für die Jagdleidenschaft des Staatschefs zu haben.

Die Tiere wurden sogar für die internationalen Beziehungen zu befreundeten Machthabern genutzt. So wird in Rumänien und Bulgarien erzählt, dass die mächtigen Karpatenbären zur Blutauffrischung des dortigen, kleineren Bärenbestandes von Militärflugzeugen nach Bulgarien gebracht und dort in eigens errichteten Stationen bis zur Aussetzung gehalten wurden. Tatsächlich konnte die Existenz einer dieser Stationen im Rahmen der Studie belegt werden. Passenderweise liegt diese exakt in einer Gegend, in der mehrere genetische Karpatenbären gefunden wurden.

Damit ist eine kuriose Legende über zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in Osteuropa bestätigt: Luftverbreitung kommt nicht nur bei Pflanzen, Insekten und Vögeln, sondern gelegentlich auch bei Bären, den größten Landraubtieren der Erde, vor.

Im Übrigen konnte trotz intensiver Recherche bis heute kein einziges schriftliches Dokument über die Bärentranslokation gefunden werden, die nach Angaben von Zeitzeugen unter strenger Geheimhaltung erfolgte. Die genetische Studie, die jetzt in der Zeitschrift "Conservation Genetics" veröffentlicht wurde, hält diese Geschichte erstmals schriftlich fest.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen (idw)

Videos
Daniel Mantey Bild: Hertwelle432
"MANTEY halb 8" deckt auf - Wer steuert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Mantey halb 8 - Logo des Sendeformates
"MANTEY halb 8": Enthüllungen zu Medienverantwortung und Turcks Überraschungen bei und Energiewende-Renditen!
Termine
Newsletter
Wollen Sie unsere Nachrichten täglich kompakt und kostenlos per Mail? Dann tragen Sie sich hier ein:
Schreiben Sie bitte grab in folgendes Feld um den Spam-Filter zu umgehen

Anzeige