Fledermäuse: Artenexplosion dank Beißkraft
Archivmeldung vom 28.11.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEines der größten Rätsel der Evolution ist, warum einige Gruppen von Organismen viele Arten umfassen, andere hingegen nur wenige. Amerikanische Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit dem Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) die Evolution der Artbildung in der Familie der Blattnasenfledermäuse (Phyllostomidae) untersucht. Blattnasenfledermäuse stellen mit etwa 200 Arten eine der artenreichsten Säugetierfamilien dar, während die nächsten Verwandten nur ungefähr 10 Arten umfassen.
Die Studie der Wissenschaftler ergab, dass bei Blattnasenfledermäusen die Entstehung neuer Arten mit der Evolution einer neuen Schädelform einhergegangen sein muss. Für diese Studie untersuchten die Forscher um Dr. Elizabeth Dumont (University of Massachusetts, Amherst), Dr. Liliana Dávalos (Stony Brook University) und Dr. Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) sowie Kollegen der University of California, Los Angeles die Beißkraft und Nahrungswahl freilebender Fledermäuse in den Tropen sowie deren Schädelstruktur an Museumsexemplaren.
In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society haben die Forscher eine Studie über den Zusammenhang zwischen Schädelstruktur und Artbildung veröffentlicht. Je nach Schädelform haben sich die Fledermäuse auf einen kleinen Kreis von Nahrungsquellen spezialisiert, so haben etwa nektartrinkende Fledermäuse lange schmale Schnauzen mit denen sie optimal in Blüten hineinreichen, wohingegen Fledermäuse, die sich vorwiegend von harten Früchten ernähren, über ein kurzes, mopsähnliches Gesicht verfügen. Blattnasenfledermäuse ernähren sich von Insekten, Nektar, Früchten, Fröschen, Eidechsen und sogar Blut.
Die Entwicklung breiterer Schädelformen vor etwa 15 Millionen Jahren ermöglichte es den Vorfahren dieser Fledermäuse, eine große Beißkraft anzuwenden und somit neue Nahrungsquellen zu erschließen. Diese Schlüsseltechnologie öffnete den Blattnasenfledermäusen den Zugang zu neuen Ressourcen wie zum Beispiel den Früchten. Dies ermöglichte eine schnelle und vielfältige Aufteilung in verschiedenste neue Fledermausarten. Ein interessanter Nebeneffekt ist, dass Samen vieler Pflanzenarten nun von Fledermäusen anstelle von Vögeln ausgebreitet werden.
Publikation: The Royal Society Press / Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences
Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V. (idw)