Gabriel: Lob und Tadel für Brüsseler Umweltpolitik
Archivmeldung vom 01.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich zufrieden über die Umweltpolitik der Europäischen Union geäußert. Gabriel lobte im Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" die Vorschläge, die Brüssel demnächst zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes der Neuwagenflotte ab 2012 vorlegen wird.
"Ich
bin sehr froh, dass sich unser Vorschlag durchgesetzt hat, dafür
einen Grenzwert von durchschnittlich 120 Gramm pro Kilometer
festzulegen - 130 Gramm durch eine verbesserte Technik am Fahrzeug
und weitere zehn Gramm durch zusätzliche Maßnahmen wie etwa die
Beimischung von nachhaltig erzeugten Biokraftstoffen. Also nicht den
Regenwald abholzen, und Palmöl in den Tank füllen, sondern
synthetischer Kraftstoff aus verflüssigter Biomasse, der dem Klima
tatsächlich nützt", sagte Gabriel.
Er kündigte an, dass die EU Ende Januar ein großes Klimapaket
präsentieren werde. Dabei gehe es um die Steigerung des Anteils der
erneuerbaren Energien, die Verbesserung der Effizienz und die
Reduktion des CO2-Ausstoßes um jeweils mindestens 20 Prozent. "Gut
finde ich, dass es bei der Fortsetzung des Emissionshandels ab 2013
für ganz Europa eine einheitliche Obergrenze für den
Treibhausgasausstoß für die Stromwirtschaft geben soll. Das wird dazu
beitragen, dass nationale Ausnahmen und Tricksereien beim
Emissionshandel aufhören, mit denen bisher versucht wird, wirklichen
Wettbewerb zu verhindern", sagte Gabriel. "Wir brauchen echte
Marktpreise für die Emissionen in der Stromproduktion." Außerdem geht
Gabriel davon aus, dass die Emissionskontingente noch einmal deutlich
gesenkt werden. Der Umweltminister hält es auch für wahrscheinlich,
dass die Kommission den deutschen Vorschlag aufgreifen wird, für den
Einsatz von Biokraftstoffen Vorgaben für die Nachhaltigkeit zu
machen.
Trotz des Lobs nannte Gabriel aber auch eine Reihe von
Kritikpunkten mit Blick auf die Brüsseler Umweltpolitik. Beim Thema
Ausbau der erneuerbaren Energien in der EU sei sich die
Bundesregierung mit der EU-Kommission dagegen noch nicht ganz einig.
"Die Kommission denkt an ein Handelssystem für erneuerbare Energien,
bei dem immer die preiswerteste erneuerbare Energie gekauft würde.
Das wäre Windenergie an Land. Wir wollen aber auch andere Formen
erneuerbarer Energietechnologien entwickeln und wirtschaftlich werden
lassen." Er habe Zweifel, ob dieses Handelssystem mit dem
Einspeisesystem verträglich wäre, "das sich bei uns und in vielen
anderen Ländern bestens bewährt hat. Deshalb erwarten wir von der
Kommission einen Vorschlag, der bestehende Einspeiseregelungen wie in
Deutschland oder Spanien nicht zerstört."
Ungewöhnlich kritisch äußerte sich Gabriel zu klimapolitischen Vorstößen Saudi-Arabiens kurz vor dem Klima-Gipfel auf Bali. "Bei allem Verständnis für nationale Interessen, das man immer aufbringen muss: bei Saudi-Arabien fällt das wirklich schwer. Denn die sagen allen Ernstes, dass sie ebenfalls Hilfe zur Anpassung an den Klimawandel bräuchten, als Ausgleich für mögliche Einnahmeverluste aus dem Ölgeschäft. Dabei würde die Verringerung unseres Ölkonsums doch zunächst einmal bedeuten, dass Saudi-Arabien länger Öl verkaufen kann. Das ist eine Positionierung, bei der es schwer fällt, höflich zu bleiben."
Quelle: Der Tagesspiegel