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DNA-Fund bringt neue Erkenntnisse zur Geschichte des Hausrinds in Europa

Archivmeldung vom 29.07.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Mittelhandknochen des kleinen Rindes von Twann mit Spuren der Probenentnahme für die genetischen Unt
Quelle: Foto: Universität Basel, Integrative Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie (idw)
Mittelhandknochen des kleinen Rindes von Twann mit Spuren der Probenentnahme für die genetischen Unt Quelle: Foto: Universität Basel, Integrative Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie (idw)

Forscher der Universität Basel haben in einer neolithischen Siedlung am Bielersee eine überraschende Entdeckung gemacht: Die DNA eines Rinderknochens weist Spuren des europäischen Auerochsen auf und wirft damit neues Licht auf die Geschichte der Domestizierung des Hausrinds. Die Fachzeitschrift «Scientific Reports» hat die Resultate der Basler Forschungsgruppe veröffentlicht.

Das heutige Hausrind ist die domestizierte Form des Auerochsen, eine Wildart, die im 17. Jahrhundert ausgestorben ist. Die Domestizierung des Auerochsen begann bereits vor rund 10‘000 Jahren im Nahen Osten. Ablesen lässt sich das in der DNA der Tiere: Auerochsen im Nahen Osten tragen eine mütterlicherseits vererbte genetische Signatur (mtDNA), die sogenannte T-Haplogruppe. Auch die heutigen Rinderrassen tragen noch immer diese Signatur und zeigen damit ihre Abstammung von den frühen domestizierten Rindern des Nahen Ostens an. Daraus lässt sich ableiten, dass mit der Ausbreitung des Bauerntums aus dem Nahen Osten nach Europa auch das domestizierte Hausrind eingeführt wurde.

Zur gleichen Zeit wie die Domestizierung im Nahen Osten gehörten die in Europa einheimischen wilden Auerochsen zur P-Haplogruppe. Bisher ging man davon aus, dass diese europäischen Auerochsen genetisch keinen Einfluss auf die im Neolithikum (5‘500 – 2‘200 v. Chr.) eingeführten nahöstlichen Hausrinder hatten.

Kleine Kühe als Arbeitstiere

Forscher der Universität Basel stiessen unter den Tierknochenfunden der Seeufersiedlung Twann am Bielersee zufällig auf einen sehr kleinen Mittelhandknochen eines neolithischen Hausrinds und untersuchten diesen auf seine mtDNA. Die Analyse ergab, dass der Knochen die genetische Signatur der P-Haplogruppe der europäischen Auerochsen trägt. Damit gilt dieser Fund als der erste unzweifelhafte Beleg dafür, dass sich die europäischen weiblichen Auerochsen auch mit Hausrindern aus dem Nahen Osten vermischt haben.

Der Knochen aus der Zeit um 3‘100 v. Chr. belegt also eine frühere Einkreuzung zwischen einem weiblichem europäischen Wildrind und einem männlichen Hausrind. «Ob es sich dabei um vereinzelte Zufälle oder eine gezielte Einkreuzung gehandelt hat, können wir aufgrund unserer Resultate nicht eindeutigen sagen», erklärt Prof. Jörg Schibler, Leiter der Forschungsgruppen für integrative prähistorische und naturwissenschaftliche Archäologie (IPNA) am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel.

Das Tier, von dem der Knochen stammt, war aussergewöhnlich klein: Die Schulterhöhe betrug gerade mal 112 Zentimeter. «Daraus ergeben sich viele Fragen: Wie schwierig war eine Begattung oder auch eine Geburt in diesem Fall? Und wie viele Generationen hat es gebraucht, damit so kleine Tiere entstanden?», erläutert die Archäogenetik-Spezialistin Angela Schlumbaum die Bedeutung des Fundes für die Forschung.

Die Forscher vermuten, dass die frühen Bauern aus der Horgener Kultur (3‘400 – 2‘750 v. Chr.), in die der Knochen datiert, durch gezieltes Einkreuzen von wilden Auerochsen versucht haben könnten, eine neue kleinere aber robustere Form von Hausrindern zu züchten, welche sich speziell als Arbeitstiere eignete. Diese Vermutungen würden zu archäologischen Funden der frühsten Belege von Holzrädern, Wagen und einem Joch aus der Horgener Kultur passen.

Quelle: Universität Basel (idw)

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