Deutsche Umwelthilfe fordert „Nationalen Energieplan“ zur Drosselung des Ölverbrauchs
Archivmeldung vom 23.09.2005
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Freigeschaltet durch Jens BrehlViel schneller als bisher angenommen muss Deutschland drastische Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergreifen. Zur Drosselung des Energieverbrauchs schlägt die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) einen „Nationalen Energieplan“ vor, der kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für einen intelligenteren und effizienteren Einsatz knapper Ressourcen miteinander verbindet.
„Die Unwetterkatastrophen im Süden der USA bedrohen mittelbar die Energieversorgung aller Industriestaaten. Wir müssen unabhängig von den erschreckenden Bildern aus den USA sehr
schnell die Fähigkeit entwickeln, unseren ungebändigten Ölverbrauch herunterzufahren. Das ist jetzt die allererste Aufgabe einer jeden neuen Bundesregierung“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Resch wandte sich gegen alle Versuche, der klimabedingten Energiepreiskrise mit Forderungen nach Abschaffung der Ökosteuer, Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken oder Kappung der Förderung Erneuerbarer Energien gegenzusteuern. „Das ist hilfloser Aktionismus. Es gibt nur einen Weg, sich auf eine weltweite Ölversorgungskrise vorzubereiten und die Kostenexplosion zu dämpfen: Wir müssen unseren Verbrauch drosseln.“ Angesichts der Gefährdung von einem Viertel der amerikanischen Erdöl- und Erdgasraffinerien durch den Hurrikan „Rita“ droht eine weitere Preisexplosion. Die DUH befürchtet einen möglichen Anstieg der Benzinpreise auf eine volkswirtschaftlich kritische Marke von 1,80 €/Liter Benzin bis zum Jahresende.
Kein Versuch, die Energiepreise durch staatliche Eingriffe auf der Steuerseite zu dämpfen, hilft gegen den volkswirtschaftlichen Aderlass infolge der Preisexplosion auf den internationalen
Energiemärkten. „Nur Staaten, die durch akute Einsparungen ihre nationale Energierechnung im Zaum halten, haben eine Chance, aus einer globalen Energiepreiskrise einigermaßen ungeschoren herauszukommen“, sagte Resch. Die Deutsche Umwelthilfe schlägt deshalb einen „Nationalen Energieplan“ vor, der sich aktuell auf sofort greifende Maßnahmen konzentrieren müsse.
Zu den Kurzfristmaßnahmen zählt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen, die sich an den europäischen und weltweiten Gepflogenheiten orientiert. Darüber hinaus sollte ab einem bestimmten Preisniveau befristete Fahrverbote zum Beispiel an Sonn- und Feiertagen den Ölverbrauch senken. Durch die Bevorzugung von Pkws z.B. ab drei Insassen auf speziellen Fahrspuren könnten zudem Fahrgemeinschaften einfach und kostenneutral gefördert werden.
Mittelfristig müsse der Kraftstoffverbrauch von PKW deutlich reduziert werden. Außerdem gehe es darum, durchgängig und systematisch Anreize für einen intelligenteren Umgang mit Energie von der Energiebereitstellung bis zum Verbrauch zu installieren.
Die deutschen Autohersteller forderte die DUH dazu auf, sofort ihre Klage gegen das Inkrafttreten des kalifornischen Klimaschutzgesetz (AB 1493) zurückzuziehen. DaimlerChrysler,
Volkswagen, Porsche und BMW klagen vor einem kalifornischen Gericht gegen dessen Inkrafttreten zum 1. Januar 2006. Neben Kalifornien haben nun auch Frankreich und die Niederlande gesetzliche Regelungen angekündigt bzw. umgesetzt, die sich gegen aktuelle automobile Fehlentwicklungen wie Porsche Cayenne, VW Touareg, M-Klasse SUVs von
Mercedes und der X-Klasse von BMW mit Spritverbräuchen von 15 und mehr Litern/100km wenden. „Es ist ein trauriger Zufall, dass ausgerechnet an dem Tag, an dem der drittstärkste jemals gemessene Wirbelsturm im Golf von Mexiko wütet, DaimlerChrysler seine spritdurstige neue S-Klasse präsentiert. Die deutsche Automobilindustrie muss kurzfristig und radikal ihre Strategie hin zu effizienten und sauberen Autos ändern, ansonsten wird sie ihre technologische Führerschaft an ausländische Unternehmen verlieren“, so Resch.
„Die Konzepte für mehr Energieintelligenz liegen seit Jahren vor, ihre konsequente Umsetzung würde nicht nur das Weltklima und unsere Portemonnaies entlasten, sie würde auch das größte Innovationsprogramm in der Geschichte der Republik auslösen“, sagte Resch und warnte davor, die Wetterextreme dieses Sommers als singuläre Ereignisse misszuverstehen: „Selbstverständlich müssen wir angesichts der akuten Not helfen, wo wir können. Aber wir müssen auch wissen: Katrina und Rita sind eher das Wetterleuchten für das, was kommt. Leider nähert sich die reale Welt viel schneller als von uns allen befürchtet den Computermodellen der Klimatologen an. Diese Tatsache wird künftige Regierungen auch in Deutschland stärker beschäftigen als manches was heute im Vordergrund steht“.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V. vom 23.09.2005