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Wie Pflanzen auf Blei als Schadstoff reagieren

Archivmeldung vom 26.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Die Bayreuther Doktorandin Sina Fischer M.Sc. ist Erstautorin des Beitrags in „Environmental Science
Quelle: Foto: Chr. Wißler; zur Veröffentlichung frei. (idw)
Die Bayreuther Doktorandin Sina Fischer M.Sc. ist Erstautorin des Beitrags in „Environmental Science Quelle: Foto: Chr. Wißler; zur Veröffentlichung frei. (idw)

Blei ist hochgiftiges Metall, das einen erheblichen Anteil an der Schadstoffbelastung der Umwelt hat. Schon in geringsten Mengen kann es die Gesundheit von Menschen und Tieren ernsthaft beeinträchtigen. Umso größer ist das Interesse daran, den Bleigehalt in pflanzlichen Nahrungsmitteln erheblich zu senken. Dies setzt allerdings genaue Erkenntnisse darüber voraus, wie Pflanzen das in der Umwelt vorhandene Blei aufnehmen und einlagern. Mit einem neuen Verfahren, das ein Team um Prof. Dr. Stephan Clemens an der Universität Bayreuth entwickelt hat, sind diesbezügliche Forschungsarbeiten jetzt auch mit sehr geringen Bleikonzentrationen möglich, wie sie in der Umwelt häufig anzutreffen sind.

Untersuchungen mit der neuen bleihaltigen Nährflüssigkeit: Bei einigen Mutanten der Schotenkresse is
Quelle: Grafik: Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie der Universität Bayreuth; mit Quellenhinweis zur Veröffentlichung frei. (idw)
Untersuchungen mit der neuen bleihaltigen Nährflüssigkeit: Bei einigen Mutanten der Schotenkresse is Quelle: Grafik: Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie der Universität Bayreuth; mit Quellenhinweis zur Veröffentlichung frei. (idw)

Im Fachjournal „Environmental Science and Technology“ stellt die Forschungsgruppe dieses Verfahren vor und berichtet zugleich über neue Einblicke in den Umgang von Pflanzen mit Blei-Ionen als Schadstoffen.

Simulationen äußerst geringer Bleikonzentrationen im Labor

Blei kommt in der Umwelt hauptsächlich als Teil anorganischer Verbindungen vor. Sofern es sich dabei um Bleisalze handelt, die im Wasser gelöst werden, gelangt es über die Wurzeln in die Blätter von Pflanzen. Die Bleimengen, welche die Pflanzen auf diese Weise absorbieren, sind umso größer, je niedriger der pH-Wert in den Böden ist. In der Forschung ist man sich darüber einig, dass Blei auch dann in Pflanzen gerät, wenn Böden nur sehr geringe Bleikonzentrationen – kleiner als 1 Mikromol pro Liter – enthalten. Bereits diese winzigen Spuren von Blei haben eine giftige Wirkung. Damit nun die Bleiabsorption von Pflanzen und ihre Folgen für die Umwelt zuverlässig bestimmt werden können, müssen die Laborbedingungen möglichst realitätsnah sein. Den Pflanzen sollten also auch im Labor nur äußerst geringe Bleimengen zugeführt werden. Hierfür stand jedoch der Forschung bisher kein geeignetes Verfahren zur Verfügung, da Blei in den meisten Nährflüssigkeiten sehr schlecht löslich ist. Deshalb wurden oft tausendfach erhöhte Konzentrationen verwendet; ohne Rücksicht darauf, ob das Blei von den Pflanzen tatsächlich absorbiert werden kann.

Diese Schwierigkeit hat die Forschungsgruppe um Prof. Clemens jetzt überwinden können. Erstmals ist es gelungen, für Laboruntersuchungen eine Nährflüssigkeit zu entwickeln, die eine Bleikonzentration von weniger als 1 Mikromol pro Liter hat, daher realen Bodenverhältnissen entspricht und das Blei in bioverfügbarer Form enthält. Ein geringer Phosphatgehalt (weniger als 10 Mikromol pro Liter) und ein niedriger pH-Wert (5.0) bewirken, dass das Blei in diesem Medium vollständig gelöst ist und von den Pflanzen aufgenommen werden kann. Für die Experimente wurden dabei Pflanzen der Spezies Arabidopsis thaliana verwendet, die auch unter dem Namen „Schotenkresse“ bekannt ist. Sie kommt als Modellsystem besonders häufig bei pflanzenphysiologischen Forschungsarbeiten zum Einsatz.

Vergleichende Untersuchungen mit Mutanten

Wie reagieren Pflanzen auf Blei, das sie über ihre Wurzeln aufnehmen? Um darüber genauere Erkenntnisse zu gewinnen, hat sich das Bayreuther Forschungsteam mit der Phytochelatin-Synthese näher befasst. Dieser Prozess wird durch Metall-Ionen in der Nährflüssigkeit, insbesondere auch durch Blei-Ionen, ausgelöst. Er führt zur Herstellung spezieller Peptide, die wesentlich zur Entgiftung der Pflanze beitragen. Denn diese Peptide sind in der Lage, die in die Pflanze gelangten Bleisalze gleichsam einzufangen. Sie transportieren die Bleisalze ab und lagern sie in den Vakuolen ein. Hierbei handelt es sich um Speicherplätze im Zellinneren, wo das Blei für den Organismus der Pflanzen nur wenig Schaden anrichten kann.

Diese natürliche Entgiftung ist, wie sich bei Experimenten in den Bayreuther Laboratorien herausgestellt hat, bei einigen genetischen Variationen der Schotenkresse erheblich gestört. Es werden in diesen Mutanten viel zu wenige Peptide gebildet, die das Blei innerhalb des pflanzlichen Organismus entsorgen könnten. Folglich kann das Blei seine toxische Wirkung frei entfalten. Es hemmt insbesondere das Wurzelwachstum der Pflanzen. So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals nachweisen, dass die Synthese von Phytochelatinen eine zentrale Bedeutung für die ‚Toleranz‘ der Pflanzen gegenüber Blei hat.

„Diese Forschungsergebnisse, die wir unter realitätsnäheren Laborbedingungen erzielt haben, liefern sehr interessante Anhaltspunkte dafür, wie Pflanzen auf Blei als Schadstoff in der Umwelt reagieren“, erklärt Prof. Clemens. „Wir wollen diese Untersuchungen weiter fortsetzen, um noch tiefer in diese Prozesse vorzudringen und besser zu verstehen, wie sich das durch menschliche Aktivitäten freigesetzte Blei in den Nahrungsketten der Natur verbreitet. Auf dieser Grundlage können dann im Bereich der Landwirtschaft oder der Umweltpolitik hoffentlich auch Maßnahmen entwickelt werden, die geeignet sind, den Bleigehalt insbesondere in pflanzlichen Nahrungsmitteln deutlich zu reduzieren.“

Quelle: Universität Bayreuth (idw)

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