Aufgeschmolzene Ozeankruste in unerwartet großer Tiefe von mehr als 400 Kilometern
Archivmeldung vom 02.08.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDen Schluss, dass in unerwartet großer Tiefe von mehr als 400 km aufgeschmolzene Ozeankruste vorgelegen haben muss, lässt ein in dieser Woche veröffentlichter Fachartikel in der international renommierten Fachzeitschrift "Nature" zu.
Ein Wissenschaftlerteam, darunter auch zwei
Forscher des Bayerischen Geoinstituts der Universität Bayreuth,
berichten darin über Karbonat-reiche Magmen im tiefen Erdinneren.
Zusammen mit Kollegen aus Großbritannien, den USA und Brasilien haben
Dr. Shantanu Keshav and Dr. Gudmundur Gudfinnsson kleinste
Mineraleinschlüsse in Diamanten aus Brasilien untersucht.
Bayreuth (UBT). Den Schluss, dass in unerwartet großer Tiefe von mehr
als 400 km aufgeschmolzene Ozeankruste vorgelegen haben muss, lässt ein
heute veröffentlichter Fachartikel in der international renommierten
Fachzeitschrift "Nature" zu. Ein Wissenschaftlerteam, darunter auch
zwei Forscher des Bayerischen Geoinstituts der Universität Bayreuth,
berichten darin über Karbonat-reiche Magmen im tiefen Erdinneren.
Zusammen mit Kollegen aus Großbritannien, den USA und Brasilien haben
Dr. Shantanu Keshav and Dr. Gudmundur Gudfinnsson kleinste
Mineraleinschlüsse in Diamanten aus Brasilien untersucht.
Die Erde besteht aus einem silikatischen Erdmantel (0 - 2900 km) und
einem Eisenkern (2900 - 6300 km Tiefe). Diese zweischalige Struktur hat
sich bereits in der Urphase der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren
entwickelt, als die Erde noch in einem glutflüssigen Zustand war.
Seither kühlt die Erde stetig ab, so dass der Erdmantel nunmehr
vollständig verfestigt ist.
Der Erdmantel ist jedoch kein starres Gebilde. Im Innern findet eine
stetige langsame Zirkulation von Gesteinsmaterial statt, die an den so
genannten Subduktionszonen zum Abtauchen von ozeanischer Kruste führt.
Solche Erkenntnisse über den Aufbau und Vorgänge im Erdinneren gewinnen
Wissenschaftler vornehmlich aus der Auswertung von Erdbebenwellen,
durch Hochdruckexperimente im Labor (wie z.B. am Bayerischen
Geoinstitut) sowie durch Untersuchung von vulkanischen
Gesteinsschmelzen, die an der Erdoberfläche ausgetreten und erstarrt
sind.
Diamanten finden sich in einem besonderen Typ vulkanischer Gesteine,
den so genannten Kimberliten, die aus dem Erdmantel stammen und
explosionsartig an die Erdoberfläche gefördert wurden. Diamanten
enthalten häufig Mineraleinschlüsse, die Aufschluß über die
Zusammensetzung und Bedingungen am Bildungsort im tiefen Erdmantel
geben. Eine bedeutende Erkenntnis der letzten Jahre ist z.B., dass
einige Diamanten aus sehr großer Tiefe stammen, nämlich aus der
Übergangszone der Erde (400 - 670 km) oder sogar aus dem unteren
Erdmantel (> 670 km). Die Untersuchung von Mineraleinschlüssen in
solchen Diamanten erlaubt einzigartige Einblicke in die Vorgänge und
Zustände im tiefen Erdmantel.
Die Diamanten, über die jetzt in Nature berichtet wird, stammen aus
Juina/Brasilien und sind über eine Milliarde Jahre alt. Die
Spurenelementkonzentrationen in den Mineraleinschlüssen und
Hochdruckexperimente am Bayerischen Geoinstitut belegen, dass sich die
Diamanten und ihre Einschlüsse aus aufgeschmolzener, Kalkstein-haltiger
Ozeankruste gebildet haben.
Die Kristallstrukturen der Einschlüsse (Perowskit und Majorit) zeigen
an, dass die Aufschmelzung der Ozeankruste in mindestens 400 km Tiefe
stattgefunden haben muss. In diesem Tiefenbereich hat man bislang keine
Magmenbildung erwartet.
Zudem belegen die Ergebnisse, dass die Zusammensetzung des Erdmantels
stärker variiert als bisher angenommen. Kohlenstoff-reiche Reservoirs
können offenbar über Milliarden von Jahren im tiefen Erdmantel stabil
bleiben und beeinflussen so auch den globalen Kohlenstoffkreislauf.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.