Erste Großschmetterlings-Raupe im Baltischen Bernstein entdeckt
Archivmeldung vom 22.11.2019
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEin Forscherteam mit SNSB-Beteiligung hat die erste Raupe eines Großschmetterlings in Baltischem Bernstein entdeckt und identifiziert. Bei dem 44 Millionen Jahre alten Fossil handelt es sich um eine Larve aus der Gruppe der Spannerfalter (Geometridae). Ihre Untersuchungsergebnisse veröffentlichten die Forscher nun in der Fachzeitschrift Scientific Reports.
Sie sieht aus, als wolle sie fliehen – als sie vor 44 Millionen Jahren im Harz eines Baumes stecken blieb. Für die Wissenschaft jedoch ein Glückfall: Der Harztropfen wurde zu Bernstein und hat die eingeschlossene Raupe perfekt konserviert. Bei dem untersuchten Raupen-Fossil handelt es sich um das erste und älteste Exemplar einer Großschmetterlingsfamilie, welches in Baltischem Bernstein entdeckt und identifiziert wurde. Die Larve wurde als neue Art und neue Gattung, Eogeometer vadens, beschrieben, und innerhalb der großen Familie der Spanner (Geometridae) den sogenannten „Rindenspannern“ (Boarmiini) zugeordnet. Heute gehören Spannerfalter mit über 23.000 bekannten Arten zu den drei größten Schmetterlingsfamilien.
Axel Hausmann, Kurator für Schmetterlinge an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) bestimmte die Raupe zusammen mit seinen Kollegen anhand typischer Merkmale genau. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schmetterlingen besitzen Spannerraupen zusätzlich zu Brust- und Hinterleibsbeinen nur ein einziges Bauchfußpaar (anstatt vier). Dies ermöglichte der Raupe die Spanner-typische Art der Fortbewegung, bei der das Tier seine Hinterbeine direkt bis hinter die Bauchbeine schiebt. Ihr Körper bildet dabei eine Art Schleife.
Das hohe Alter des Raupen-Fossils von ca. 44 Mio. Jahren hat die Forscher überrascht. Die molekulare Datierung des Stammbaums („Molekulare Uhr“) ergab für die Rindenspanner (Boarmiini) bisher ein jüngeres Alter von 35-38 Mio. Jahren.
„Raupen-Funde im Bernstein sind in jedem Fall Seltenheiten, im Baltischen Bernstein ist dies überhaupt das erste derartige Großschmetterlings-Fossil. Dies liegt möglicherweise an der nächtlichen Aktivität der meisten Schmetterlingsraupen. Denn Harz war wohl hauptsächlich bei höheren Tagestemperaturen und direktem Sonnenlicht flüssig“, deutet Axel Hausmann den Fossilbefund.
Thilo Fischer, Experte für fossile Schmetterlinge und Pflanzen und Erstautor der Studie hofft auf möglichst weitere Funde aus dem Baltischen Bernstein: „Jedes Schmetterlingsfossil gibt uns Einblick in Evolutionsprozesse während der Zeit des Eozän (vor etwa 34-56 Mio. Jahren), in der die Ausbreitung von Blütenpflanzen, wie wir sie heute kennen, und mit denen Schmetterlinge in vielfältiger Wechselwirkung stehen, schon weitgehend abgeschlossen war.“
Quelle: Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns (idw)