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Keimfreie Bruteier: Neue Alternative zum gängigen Formaldehyd

Archivmeldung vom 16.10.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.10.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Gabriele Berg und Tomislav Cernava vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz. Bild: © Lunghammer - TU Graz (idw)
Gabriele Berg und Tomislav Cernava vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz. Bild: © Lunghammer - TU Graz (idw)

Mit dem gesundheitsschädigenden Insektizid Fipronil kontaminierte Bruteier sorgten erst im Sommer 2017 europaweit für Aufsehen. Fipronil ist für die Behandlung von Tieren, die für die Lebensmittelerzeugung vorgesehen sind, gänzlich verboten. Die Eier wurden auch nicht direkt mit Firponil behandelt, sondern die von der Blutlaus befallenen Bruthennen – und diese übertrugen die toxische Substanz auf ihre Eier. Bruteier kommen aber auch auf legalem, standardisiertem Wege in Kontakt mit toxischen Substanzen: Zur Vorbeugung und Bekämpfung von Keimbefall ist die Behandlung von Bruteiern mit Formaldehyd langjährig gängige Praxis in europäischen Großbrütereien.

Was im Labor funktioniert, muss im nächsten Schritt im Großmaßstab getestet werden. Bild: © Lunghammer - TU Graz (idw)
Was im Labor funktioniert, muss im nächsten Schritt im Großmaßstab getestet werden. Bild: © Lunghammer - TU Graz (idw)

Die Eier – ausschließlich Bruteier, nicht solche zum direkten Verzehr – werden einer Formaldehydbegasung unterzogen, was auch die Anrainer der Brütereien merken. „Formaldehyd verflüchtigt sich rasch und bei Begasungen in Großbrütereien lässt es sich nicht gänzlich kontrollieren – etwas von dem Gas entweicht immer.“, sagt Tomislav Cernava vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz. Neben der krebserregenden und umweltschädlichen Wirkung von Formaldehyd ist nicht zuletzt das ein Grund, weshalb die EU fieberhaft auf der Suche nach einer wirksamen Alternativmethode zur Behandlung von Bruteiern ist.

Mikroorganismen als Keimvernichter

Eine vielversprechende und umweltfreundliche Option auf Basis nützlicher Mikroorganismen haben Forschende der TU Graz, des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und des Biotech Start-up Roombiotic nun im vorindustriellen Labormaßstab erfolgreich getestet, die Ergebnisse finden sich aktuell im Fachjournal Scientific Reports. Antimikrobiell wirksamen Bakterien ist die Grazer Gruppe in einem Vorläuferprojekt ab 2009 auf die Spur gekommen: Damals wurden erstmals Mikroorganismen identifiziert, die den steirischen Ölkürbis vor Fäulnis schützen.

„Wir haben die flüchtigen Substanzen dieser Bakterien weiter erforscht um herauszufinden, wie sie Pathogene so wirksam bekämpfen. Einige davon haben wir nun mittels Mikrobiomanalyse der Eierschalen evaluiert.“, sagt Gabriele Berg, Leiterin des Instituts für Umweltbiotechnologie der TU Graz. Bakterien, die Substanzen der Klasse Pyrazin beinhalten, stachen dabei besonders hervor. In Reinform auf die Eierschale aufgebracht, beseitigte Pyrazin bis zu 99,6 Prozent der Keime – eine Dekontaminationsrate, die mit der Formaldehyd-Begasung vergleichbar ist. Grundsätzlich weist das natürliche Eierschalenmikrobiom eine unerwartete bakterielle Vielfalt auf. „Interessanterweise führen besonders niedrige Pyrazin-Konzentrationen zu einer positiven Mikrobiomverschiebung.“, streicht Gabriele Berg hervor.

Auf Partnersuche

Ein weiterer Vorteil der Substanz: Bei Raumtemperatur ist sie flüssig, verflüchtigt sich aber auch einfach. Das heißt, es könnten dieselben Geräte wie bei der Begasung mit Formaldehyd verwendet werden. Was im Labor funktioniert, muss im nächsten Schritt im Großmaßstab getestet werden. Dafür sucht die Gruppe nun Partner aus der Industrie, die sich einbringen wollen.

Publikation in Scientific Reports:

Replacing conventional decontamination of hatching eggs with a natural defense strategy based on antimicrobial, volatile pyrazines. Peter Kusstatscher, Tomislav Cernava, Stefan Liebminger, Gabriele Berg. Scientific Reports, October 2017. DOI: 10.1038/s41598-017-13579-7

Dieses Forschungsgebiet ist im Field of Expertise „Human & Biotechnology“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.

Quelle: Technische Universität Graz (idw)

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