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Greenpeace Energy: Führte Oettinger Geheimgespräche über ungarisches Atomprojekt?

Archivmeldung vom 11.07.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.07.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Kernkraftwerk Paks
Kernkraftwerk Paks

Foto: Regi51
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy fordert EU-Kommissar Günther Oettinger auf, öffentlich dazu Stellung zu nehmen, ob er mutmaßliche Geheimgespräche mit der ungarischen Regierung über den Bau des Atomkraftwerks Paks II geführt hat. Laut Medienberichten sei Oettinger im Mai zu einem inoffiziellen Treffen nach Budapest gereist. Dabei habe der deutsche EU-Kommissar dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán Unterstützung für das umstrittene AKW-Projekt signalisiert.

Während die deutsche Bundesregierung die Berichterstattung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl hin offenbar indirekt bestätigte, hat Oettingers Büro die Vorwürfe in einem Brief an die Parlamentarierin abgestritten. "Jetzt brauchen wir Aufklärung, denn wenn Oettingers heimliche Atomdiplomatie tatsächlich so stattgefunden haben sollte, dann widerspräche das eklatant dem laufenden Beihilfeprüfverfahren, das die EU-Kommission wegen Paks II gegen Ungarn eingeleitet hat", sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

In dem Ende 2015 gestarteten Ermittlungsverfahren untersucht Brüssel derzeit, ob die Vereinbarungen für das AKW Paks II gegen geltendes europäisches Beihilfe- und Ausschreibungsrecht verstoßen. Der Bau der beiden geplanten Druckwasserreaktoren südlich von Budapest soll mit rund 2,5 Milliarden vom ungarischen Staat direkt subventioniert werden, den Großteil der Kosten von zehn Milliarden Euro soll zunächst ein russischer Kredit abdecken. Die Reaktortechnik für den Bau kommt ebenfalls aus Russland. Eine förmliche Ausschreibung für das Projekt gab es nicht, große Teile der bereits geschlossenen Vereinbarungen hat die ungarische Regierung als geheim eingestuft.

Greenpeace Energy hatte sich im vergangenen Frühjahr mit einer offiziellen Stellungnahme in das Prüfverfahren der EU-Kommission eingeschaltet. Zudem konnte die Energiegenossenschaft durch eine wissenschaftliche Studie belegen, dass ein hochsubventioniertes AKW Paks II durch importierten Atomstrom auch den Strommarkt in Deutschland zu Lasten erneuerbarer Energieanbieter verzerrt. Im April hatte die EU-Kommission Greenpeace Energy deshalb im Rahmen des Verfahrens zur Anhörung eingeladen.

"Wenn an den jetzt geäußerten Vorwürfen etwas dran ist, entstünde der Eindruck, dass Brüssel zwar nach außen hin akribisch prüft, aber Herr Oettinger hinter den Kulissen bereits einen atomfreundlichen Deal mit Ungarn aushandeln würde", sagt Sönke Tangermann. "Dies wäre eine herbe Enttäuschung für uns als Verfahrensbeteiligte - und für jeden, der auf die EU-Kommission als strenge und neutrale Hüterin der Wettbewerbsregeln in der Union setzt."

Der Greenpeace-Energy-Vorstand kündigte an, gemeinsam mit seinem Rechtsbeistand mögliche Konsequenzen zu prüfen, wenn sich erhärten sollte, dass sich EU-Kommissar Oettinger parallel zum laufenden Prüfverfahren für den ungarischen AKW-Bau einsetzen sollte. "Wir erwarten, dass auch die zuständige Generaldirektion Wettbewerb klar jedwede politische Beeinflussung der Prüfverfahren zurückweist", so Tangermann. "Sollten sich die Vorwürfe jedoch bestätigen, könnte dies ein Verstoß gegen die auch im EU-Vertag festgelegte Loyalitätspflicht und das Gebot gemeinschaftstreuen Verhaltens darstellen."

Quelle: Greenpeace Energy eG (ots)

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