Angler können „aus Versehen“ heimische Forellen und Lachse schützen
Archivmeldung vom 07.05.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEin internationales Forscherteam hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Besiedelung von europäischen Gewässern mit nicht heimischen und gebietsfremden forellenartigen Fischen (sogenannten Salmoniden) zu untersuchen. Ziel des dreijährigen Vorhabens ist es, Handlungsempfehlungen für den Umgang mit der biologischen Vielfalt bei Salmoniden zu entwickeln. Neben Forschern aus Norwegen, Schweden, Frankreich und Kanada sind auch Experten des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin Projektpartner.
Forelle ist nicht gleich Forelle. Während zum Beispiel die Bachforelle (Salmo trutta) in unseren Gewässern heimisch ist, wurde die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) Ende des 19. Jahrhunderts aus fischereilichen Gründen aus Nordamerika eingeführt. Ihr schnelles Wachstum und das lachsfarbene Fleisch machten sie zu einem wirtschaftlich attraktiven Speisefisch. In der freien Natur jedoch können sich die Vorteile der exotischen Regenbogenforellen auch ins Gegenteil verkehren. Hier konkurrieren die Fremdlinge mit heimischen Arten um Futter und Unterstände. Größere ökologische Probleme mit nichtheimischen Salmonidenarten sind aus Deutschland aber bisher nicht bekannt geworden. Das Aussetzen nichtheimischer Arten ist nichtsdestotrotz gemäß Bundesnaturschutzgesetz untersagt.
Aber auch innerhalb einer Art kann das Aussetzen gebietsfremder Individuen zu Problemen führen. Wenn sich zum Beispiel heimische Bachforellen, die sich durch natürliche Auslese optimal an ein Gewässer angepasst haben, mit regelmäßig ausgesetzten Artgenossen fremder Herkunft kreuzen, könnte das unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben. Einer deutschlandweiten Befragung zufolge, die im Rahmen des Projekts Besatzfisch am IGB unter mehr als 1000 Angelvereinen durchgeführt wurde, setzen etwa die Hälfte aller hiesigen Angelvereine heimische Salmoniden in Fließgewässer aus. Es ist zu vermuten, dass sich darunter auch Individuen gebietsfremder Herkunft befinden. Mögliche Folgen für die heimischen Salmonidenbestände sind nicht ausgeschlossen. Aus Norwegen sind Fälle von aus Netzgehegen der Aquakultur entkommenen Zuchtlachsen bekannt, die gefährliche Lachsläuse übertrugen, an die die Wildpopulationen nicht angepasst waren.
Die Verbreitung fremder Arten oder Populationen mit negativen Auswirkungen auf heimische Bestände bezeichnet man als invasiv. Das internationale Forschungsprojekt SalmoInvade arbeitet gemeinsam mit Anglern und anderen wichtigen Interessengruppen, z. B. Fischfarmern und der Wasserwirtschaft, daran, den Effekt invasiver Salmoniden auf lokale Fischpopulationen in verschiedenen europäischen Ländern zu untersuchen. Dabei entwickeln die Wissenschaftler auch Lösungsvorschläge: „Einer unserer Forschungsschwerpunkte ist es, zu untersuchen, wie Hobbyangler als Schützer für lokale Populationen von Forelle und Lachs agieren können“, betont Projektkoordinator Professor Jörgen Johnsson von der Göteborger Universität. „Durch die enge Zusammenarbeit mit Anglern können wir auch überprüfen, ob diese unbeabsichtigt den möglichen negativen Effekten nichtheimischer Arten oder gebietsfremder Populationen in der Wildbahn entgegenwirken“, so Johnsson weiter. Zuchtfische verhalten sich nämlich oft weniger vorsichtig als ihre wilden Artgenossen und landen so öfter am Haken. Deshalb könnte Angeln die Ausbreitung besetzter Fische eindämmen. In der Tat ist bereits nachgewiesen worden, dass ausgesetzte große Regenbogenforellen meist sehr rasch wieder aus den Gewässern verschwinden, weil sie sich leichter angeln lassen als Bachforellen. Darüber hinaus tragen Angelvereine durch ihr vielfältiges Engagement für die Wiederansiedelung Lachses sehr effektiv zum Salmonidenschutz bei.
Auch interessieren sich die Forscher für die Unterschiede in der Wertschätzung, die die Bevölkerungen verschiedener Länder Forelle, Lachs und Co. entgegenbringen. Diese Forschungsfrage wird federführend vom IGB Sozialwissenschaftler Dr. Carsten Riepe mittels einer europaweiten Befragung untersucht. Alle Ergebnisse fließen am Ende in Handlungsempfehlungen zum Umgang mit nichtheimischen und gebietsfremden Salmoniden ein. Diese sollen verhindern helfen, dass bestimmte Aussetzungen invasiv werden. Bisher lassen sich in Deutschland noch keine invasiven Salmoniden in freier Wildbahn nachweisen. „Wir kennen zum Beispiel keine nennenswerten natürlich reproduzierenden Bestände der Regelbogenforelle in freier Wildbahn in Deutschland, wie eine Studie unter Beteiligung des IGB Fischbiologen Dr. Christian Wolter kürzlich gezeigt hat“, bestätigt der Koordinator der deutschen Teilgruppe Prof. Dr. Robert Arlinghaus. Dagegen sei der Besatz mit unterschiedlichen Bachforellen- oder Äschenbeständen auch in Deutschland weit verbreitet.
Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V. (idw)