Langzeitstreit bei Legehennenhaltung ist entschieden
Archivmeldung vom 20.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIst Öko-Legehennenhaltung wirklich besser als eine Legebatterie? Oder bezahlt man die "glücklichen Hennen" der Bio-Haltung mit mehr Krankheitserregern in Eiern und Hühnerbeständen? Tierhygieniker der Technischen Universität München (TUM) haben diese Streitfrage endlich gelöst - und geben Entwarnung: Hennen und Eier vom Biohof sind nicht keimbelasteter als die aus konventionellen Betrieben.
In Ökohaltung gefundene Bakterienstämme sind darüber hinaus auch viel seltener resistent gegen Antibiotika. Und das ist für den Verbraucher ein klarer Gesundheitsvorteil. Die Frage nach dem idealen Legehennen-Haltungskonzept sorgt seit Jahren für hitzige Diskussionen: Befürworter ökologischer Haltungssysteme pochen auf den Tierschutz, etwa die im Gegensatz zur Legebatterie tiergerechte Haltung mit Scharrmöglichkeit und genügend Auslauf. Zudem sollen die starken Beschränkungen der Öko-Haltung beim Arzneimitteleinsatz im Vergleich zu konventionellen Systemen die Ausbildung von Antibiotikaresistenzen reduzieren. Aus Sicht des Verbrauchers gelten Bio-Produkte häufig von vornherein als gesünder. Die Gegner alternativer Haltungssysteme wenden ein, dass Öko-Eier und Hühnerbestände haltungsspezifisch vermehrt mit Krankheitserregern belastet sein sollen. Bislang existierten jedoch kaum wissenschaftliche Studien, um den Langzeitstreit zu schlichten.
"Hier wollten wir endlich für Klarheit sorgen" so Prof. Johann Bauer vom Lehrstuhl für Tierhygiene der TUM. Der Tierarzt vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan untersuchte deshalb im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Eier und Legehennen aus konventioneller wie auch aus ökologischer Haltung, um einen möglichen Einfluss der Haltungsform auf Tiergesundheit und Produktqualität zu erfassen. Dafür fuhren seine Mitarbeiter quer durch Bayern: Sie besuchten je zehn verschiedene Biobetriebe und zehn konventionelle Legehennenhaltungen - und das jeweils viermal, im Abstand von vier Monaten. Bei jedem Bauernhof-Besuch nahmen sie per Wattestäbchen jeweils einen Kloakenabstrich von zehn Legehennen und sammelten zusätzlich zehn Eier nach dem Zufallsprinzip ein.
Auf diese Weise kamen insgesamt 800 Tupfer und 800 Eier zusammen. Alle Proben wurden zunächst im Labor bakteriologisch analysiert: "Wir haben sie also auf Nährböden ausgestrichen, in den Brutschrank gesteckt - und dann ermittelt, welche Keime gewachsen sind", erklärt Prof. Bauer. Die Werte sind keine Überraschung: Das Team entdeckte zum Beispiel auf 3 % der Kloakentupfer Salmonellen und auf 2 % Listerien. Allerdings fand das Forscherteam diese Verhältnisse bei Öko- und Normal-Betrieben gleichermaßen. Und kein einziges Ei war im Inneren mit Salmonellen verseucht. Das heißt: Legehennen und Eier aus ökologischen Haltungssystemen sind - im Gegensatz zur bisherigen Befürchtung - nicht häufiger mit Krankheitserregern kontaminiert als bei der konventionellen Haltung.
Die TUM-Tierärzte gingen dann noch einen Schritt weiter: Sie untersuchten, wie resistent die isolierten Bakterienstämme gegen Antibiotika waren; solche, die in der Hühnerzucht häufig verwendet werden, aber auch reine Menschen-Medikamente. Dazu pipettierten sie die aus den Proben erstellten Bakterien-Suspensionen von den Hühnerfarmen auf spezielle Test-Platten, auf denen sich 31 verschiedene Antibiotika in verschiedenen Konzentrationen befanden. Anhand dessen konnten sie auswerten, welche Bakterienstämme noch auf welche Medikamente reagierten. Der Vergleich der Resistenzsituation zeigte deutlich: In Öko-Betrieben lag der Anteil antibiotikaresistenter Bakterien signifikant niedriger als in konventionellen Betrieben.
"Somit leistet die ökologische Tierhaltung nicht nur einen Beitrag zum Tierschutz, sondern trägt darüber hinaus auch wesentlich zur Sicherung der weiteren Wirksamkeit von Antibiotika bei Mensch und Tier bei" so Prof. Bauer vom TUM-Lehrstuhl für Tierhygiene. Denn es ist bekannt, dass Bakterien vom Tier auf den Menschen (und natürlich auch umgekehrt) übergehen können. Je weniger Antibiotikaresistenzen diese Bakterien aufweisen, umso besser können sie im Krankheitsfall therapiert werden.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.