Erstmals Resistenz von Ferkel-Durchfallparasit gegen primären Wirkstoff bestätigt
Archivmeldung vom 19.08.2017
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Parasit Cystoisospora suis verursacht vor allem bei neugeborenen Ferkeln Durchfall und kann sich in einem Betrieb schnell verbreiten. In Europa wird deshalb präventiv Toltrazuril eingesetzt, das die Entwicklung des Parasiten unterbindet. Anders als bei artverwandten Parasiten in Hühnern sind bislang keine Resistenzen gegen den Wirkstoff bei Schweinen bekannt. Nun bestätigten Forschende der Vetmeduni Vienna erstmals in Parasites & Vectors, dass Toltrazuril wirkungslos gegen ein holländisches Isolat des Parasiten ist. Aus Mangel an alternativen Wirkstoffen sollte zukünftig verstärkt auf Resistenzen kontrolliert und erhöhte Hygienemaßnahmen gegen die Verbreitung eingesetzt werden.
Leiden neugeborene Ferkel an Durchfall, steckt dahinter häufig der Darmparasit Cystoisospora suis. In betroffenen Betrieben kann sich der Erreger schnell verbreiten und so zu vielen Krankheitsfällen führen. Eine Infektion mit dem Parasiten endet selten tödlich. Sie stört jedoch die Entwicklung der Saugferkel und führt zu einem geringeren Körpergewicht. Da der Infektionsverlauf nicht bei allen Ferkeln gleich ist, ergibt sich innerhalb eines Wurfs ein Ungleichgewicht bei den Tieren nach dem Absetzen, was erhebliche wirtschaftliche Verluste für betroffene Betriebe bedeuten kann. Wenn bakterielle Erreger den bereits durch die Parasiten geschädigten Darm besiedeln, kann es auch zu schweren Erkrankungen der Ferkel bis zum Verlust ganzer Würfe kommen.
Ein konstanter Behandlungsplan mit dem Wirkstoff Toltrazuril hält den Parasiten in europäischen Betrieben seit etwa zwei Jahrzehnten unter Kontrolle. Anders als bei artverwandten Parasiten in Hühnern, gegen die Toltrazuril keine durchwegs gute Wirkung mehr zeigt, waren bislang keinerlei Resistenzen des Schweineparasiten gegen den Wirkstoff bekannt. 2014 berichtete nun ein Betrieb in Holland von einer erhöhten Durchfallrate neugeborener Ferkel trotz der Behandlung. Forschende des Instituts für Parasitologie konnten mit Isolaten des Betriebs erstmals belegen, dass es sich um einen resistenten Stamm des Parasiten handelte.
Durchfall trotz doppelter Dosis der Toltrazuril-Behandlung
Aufgrund des Hinweises des holländischen Betriebes wurden Proben dieses Parasitenstammes, sogenannte Isolate, mit Proben aus Wien verglichen, auf die Toltrazuril die entsprechende Wirkung zeigt. „Zuvor schlossen wir Bakterien und Viren, die ebenfalls Durchfall auslösen könnten, aus. Damit konnten wir sichergehen, dass der Parasit mit hoher Wahrscheinlichkeit Auslöser war“, erklärt Studienleiterin Anja Joachim. Zur Bestätigung der Resistenz verabreichte das Forschungsteam verschiedene Dosen des Wirkstoffes, beginnend mit der vorgeschriebenen Menge von 20 mg/kg.
Alle Ferkel, die mit dem holländischen Isolat infiziert waren, hatten unabhängig von der Dosis bereits ab dem vierten Tag nach der Infektion Durchfall. „Sogar eine Behandlung mit der doppelten Menge erzielte bei diesen Isolaten keine Wirkung“, so Joachim. Neben den Krankheitssymptomen wie Durchfall sind vor allem nachweisbare Entwicklungsstadien ein direkter Hinweis auf den Parasiten. „Dass Toltrazuril wirkt zeigt sich, wenn keine Oozysten, das letzte Entwicklungsstadium des Parasiten, in Kotproben zu finden sind“, erklären Erstautorinnnen Aruna Shrestha und Barbara Freudenschuss.
Finales Entwicklungsstadium des Parasiten im Kot bestätigt Resistenz
Wenn sich der Parasit im Darm weiterentwickelt, bilden sich als Umweltstadium Oozysten, die über den Kot ausgeschieden werden. So verbreitet sich der Erreger im Wurf und auch im Bestand, denn die Oozysten sind hoch infektiös und in der Umwelt sehr lange lebensfähig. Wirkt Toltrazuril, dann sind keine Oozysten in den Ausscheidungen zu finden; der Lebenszyklus des Parasiten ist unterbrochen und eine Weiterverbreitung damit nicht mehr möglich. Der in Holland isolierte Parasit war dagegen in allen Kotproben trotz Behandlung nachweisbar. „Damit konnten wir nachhaltig belegen, dass der Wirkstoff keine Wirkung auf dieses Parasitenisolat hatte. Er ist damit der erste bekannte Cystoisospora suis-Stamm, der nachweislich eine Resistenz gegen Toltrazuril entwickelt hat“, so die Autorinnen.
Bislang wurden wegen des konstanten Behandlungsplans keine regelmäßigen Kontrollen auf eine mögliche nachlassende Wirkung des Medikaments aufgrund von Resistenzen durchgeführt. „Bisher gab es lediglich Verdachtsmomente aufgrund von Berichten aus der Praxis. Allerdings gab uns die stetige Entwicklung resistenter Stämme bei Hühnern Anlass zur Sorge. Mit dem Stamm aus dem Schweinebestand in Holland bestätigte sich unser Verdacht. Resistenzen bei Cystoisospora suis scheinen sich zwar erst langsam zu entwickeln, aber man muss davon ausgehen, dass sie künftig häufiger werden“, erklärt Joachim. Resistenzen gegen Toltrazuril beim Schwein können insofern zum Problem werden, da es derzeit keine praxistauglichen Alternativen zu diesem Wirkstoff beim Schwein gibt. Wenn resistente Parasiten einmal in einem Betrieb auftauchen, gibt es keine Möglichkeit mehr, sie dauerhaft zu eliminieren.
Erhöhte Hygienestandards und Desinfektion als derzeit einzige, schnelle Alternative
Die Empfehlung der Forschenden ist daher eine erhöhte Kontrolle seitens der betreuenden TierärztInnen bezüglich des Auftretens von Durchfall und des Nachweises von Oozysten trotz vorsorglicher Behandlung. „Das kann routinemäßig und relativ einfach durchgeführt werden. Wenn Oozysten im Kot nachgewiesen werden, obwohl Toltrazuril verabreicht wurde, sollten sofort weitere Maßnahmen getroffen werden“, so Joachim. Mit erhöhten Hygienemaßnahmen und vor allem mit chemischer Desinfektion kann die Anzahl von Oozysten in der Umgebung von Ferkeln gering gehalten werden. Das ist wichtig, damit sich resistente Parasiten nicht weiter verbreiten können. Eine konsequente Überprüfung des Behandlungserfolgs bei der Verabreichung von Toltrazuril wird in Zukunft daher für die Kontrolle der Resistenzen unverzichtbar sein.
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien (idw)