Seltene Erden-Aufbereitung in Malaysia ohne schlüssiges Abfallkonzept
Archivmeldung vom 02.02.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.02.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Anlage zur Aufarbeitung Seltener-Erden-Metalle der Lynas Corporation in Malaysia weist hinsichtlich eines umweltverträglichen Betriebs erhebliche Mängel auf. So seien im Umfeld der Anlage, die Erzkonzentrate aus Australien aufbereitet, die Emissionen von sauren Verbindungen sowie von Stäuben in die Umgebungsluft deutlich höher als nach europäischen Standards erlaubt. Die Lagerung der zum Teil radioaktiven und giftigen Abfälle ist nur unzureichend gegen ein Versickern in Boden und Grundwasser gesichert. Für die langfristige Abfallentsorgung unter akzeptablen Strahlenschutzbedingungen gibt es derzeit kein tragfähiges Konzept.
Dies sind die Ergebnisse einer Untersuchung des Öko-Instituts im Auftrag der malaysischen Bürgerinitiative SMSL.
Lynas bereitet in der Fabrik im malaysischen Kuantan Erzkonzentrate aus einer Lagerstätte in Australien auf, die wertvolle Seltene Erden enthalten. Diese strategisch wichtigen Metalle werden zum Beispiel für die Herstellung von Katalysatoren, Nickelmetallhydrid-batterien, Permanentmagneten eingesetzt. Eine Reihe von Schlüssel- bzw. Zukunftstechnologien ist daher von der Versorgung mit Seltenen Erden abhängig. Das in Malaysia zu verarbeitende Erzkonzentrat enthält auch toxische und radioaktive Bestandteile wie beispielsweise Thorium. Die Bürgerinitiative beauftragte das Öko-Institut, zu prüfen, ob bei der Verarbeitung der Rohstoffe umwelt- bzw. gesundheitsgefährdende Emissionen aus der Anlage entweichen bzw. Verarbeitungsrückstände mit Gefährdungspotenzial in Malaysia verbleiben.
Lagerung radioaktiver Abfälle ungenügend
Die Lagerung der im Aufarbeitungsprozess entstehenden Abfälle soll, nach drei verschiedenen Abfallarten getrennt, auf dem Betriebsgelände erfolgen. Dabei gibt es, nach Auskunft der Wissenschaftler, zum einen Probleme bei der Vortrocknung des mit radioaktivem Thorium belasteten Abfalls. „Insbesondere in der feuchten und langen Monsunzeit, die in Malaysia von September bis Januar dauert, funktioniert dies nicht“, so Gerhard Schmidt, Chemiker und Experte für die Entsorgung radioaktiver Abfälle am Öko-Institut. „Der Betreiber hat nicht dargelegt, wie er dieses Problem lösen will, ohne dass es zu zusätzlichen Strahlenbelastungen beim Personal kommt.“
Darüber hinaus sind die Lager nur mit einer einen Millimeter starken Kunststofffolie und einer 30 Zentimeter dicken Tonschicht versehen. Diese reichen nicht aus, um die meterhoch aufgetürmten feuchten Abfallmassen auf Dauer sicher einzuschließen. „Für den langfristigen Verbleib der Abfälle muss Lynas dringend eine Lösung finden“, fordert Gerhard Schmidt, „auf keinen Fall dürfen die Abfälle vermarktet oder als Baumaterial genutzt werden. Dahin gehen jedoch derzeit Überlegungen von Betreiber und Aufsichtsbehörde. Das würde nach unseren Untersuchungen zu sehr hohen Strahlenbelastungen durch Direktstrahlung führen.“
Schadstoffbilanz unzureichend
„Eine der gravierenden Auffälligkeiten der Anlage ist, dass in den Unterlagen wichtige Angaben fehlen, um eine vollständige Schadstoffbilanz zu erstellen“, erläutert Projektleiter Gerhard Schmidt weiter. „So ist beispielsweise nicht aufgeführt, welche toxischen Nebenbestandteile das Erz neben dem radioaktiven Thorium noch enthält. Auch werden unter den Emissionen in das Abwasser nur Stoffe genannt, die in den malaysischen Wassergesetzen aufgeführt werden, nicht aber die tatsächlich emittierten Stoffe.“ So sei allein der Salzgehalt des Abwassers der Anlage so hoch, dass er mit dem von Meerwasser vergleichbar ist. Diese wird ungefiltert in einen Fluss entsorgt.
Wissenschaftler stellen Grundlagen der Betriebsgenehmigung in Frage
Die Wissenschaftler stellen in der heute veröffentlichten Studie fest, dass die festgestellten Mängel gravierend seien und bei einer sorgfältigen fachlichen Überprüfung der Antragsunterlagen hätten auffallen müssen. Trotz dieser ungeklärten Mängel hat die Anlage von den örtlichen Behörden in 2008 eine Errichtungsgenehmigung erhalten sowie in 2012 eine vorläufige Betriebsgenehmigung.
Vor allem für die langfristig sichere Deponierung der radioaktiven Abfälle muss schnellstmöglich ein entsprechender Standort nach international akzeptierten Schutzvorgaben ausgewählt werden. Dafür muss ein Konsens mit den betroffenen Stakeholdern wie unter anderem den Anwohnerinnen und Anwohnern und ihren Vertretern herbeigeführt werden. „Bleibt weiter offen wie die langzeitsichere Abfallentsorgung organisiert wird, entstehen schon heute Altlasten mit gravierenden Umwelt- und Gesundheitsrisiken“, gibt Schmidt zu bedenken. „Die Verantwortung für deren Beseitigung wird den nachfolgenden Generationen aufgebürdet.“
Strategische Bedeutung von Seltenen Erden
Seltene Erden sind wichtige Metalle, die unter anderem in Zukunftstechnologien wie effizienten Elektromotoren, Leuchtmitteln und Katalysatoren Einsatz finden. In seiner Studie "Study on Rare Earths and Their Recycling" http://www.oeko.de/oekodoc/1112/2011-003-en.pdf hat das Öko-Institut 2011 gezeigt, dass bislang kein ausreichendes Recycling stattfindet. Ungeachtet jüngster erster Erfolge in dieser Richtung, ist zur Befriedigung der prognostizierten globalen Nachfrage auch bei verbessertem Recycling eine Ausweitung der weltweiten Primärproduktion aus Erzen erforderlich.
Seit mehreren Jahren werden Seltene Erden fast ausschließlich in der Volksrepublik China abgebaut und aufgearbeitet. Unter Hinweis auf eigenen Bedarf verfolgt China jedoch eine Politik der Exportbeschränkung. Zudem ist die Förderung und Verarbeitung der Seltenen Erden auch dort bislang mit hohen Umweltbelastungen verbunden. Die Primärproduktion von Seltenen Erden außerhalb Chinas ist deshalb aus industriepolitischer Sicht sinnvoll. Allerdings müssen hierbei selbstverständlich hohe Umweltstandards eingehalten werden. Dies ist bei einer der ersten neuen Anlagen außerhalb Chinas nicht der Fall, wie die Untersuchung des Öko-Instituts zur Anlage von Lynas in Malaysia zeigt.
Quelle: Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie (idw)