Wale fallen durch das Forschungsnetz
Archivmeldung vom 17.09.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Freiburg und St. Andrews/Schottland erstellte Weltkarte deckt auf, dass in den vergangenen Jahrzehnten lediglich ein Viertel der Meeresfläche auf Wale und Delfine untersucht wurde. Nur wenn regelmäßig Daten über die Meeresbewohner erhoben werden, können schädliche Einflüsse identifiziert und für die Forschung und den Umweltschutz grundlegende Informationen zusammengestellt werden. In erster Linie müssen internationale Gewässer stärker beobachtet und neue Analyseverfahren entwickelt werden, folgern die Wissenschaftler in ihrer Studie in der Zeitschrift PLoS ONE.
Für ihre Studie durchforstete das Team mehr als 400 Untersuchungen über Wale, die zwischen 1975 und 2005 erstellt wurden. Die Wissenschaftler digitalisierten tausende Karten und identifizierten dabei erschreckende Lücken. Sie stellten fest, dass der Großteil der aufwändigen Beobachtungen in Gewässern von wirtschaftlich starken Staaten auf der nördlichen Hemisphäre stattfanden, wie insbesondere von den USA und Europa. Mit Ausnahme der Antarktis, wo die Internationale Walfangkommission die Abnahme der Zwergwalpopulation durch japanischen Walfang überwacht, gibt es bei der Erforschung von Walen auf der südlichen Erdhalbkugel riesige weiße Flächen.
Als Hauptursache dafür, dass Wale beobachtet werden, machten die Forscherinnen und Forscher den Markt für „delfinfreundlichen“ Thunfisch aus, bei dem darauf geachtet wird, dass Delfine nicht durch Beifang getötet werden. „Der östliche tropische Pazifik wurde daher öfter untersucht, als alle übrigen Meeresgebiete zusammen“, sagt die Freiburger Meeresbiologin
Dr. Kristin Kaschner. Doch selbst diese relativ gut erforschte Gegend liege am unteren Ende der erforderlichen Beobachtungshäufigkeit. Um zeitliche Veränderungen feststellen zu können, sei es wichtig, die Populationen der Meeressäuger möglichst regelmäßig zu beobachten. „Dies trifft bisher nur auf sechs Prozent der Fläche aller Ozeane annähernd zu“, sagt Kaschner.
Eine ausreichende Datenbasis über die Populationen von Walen und Delfinen ist aber Voraussetzung für erfolgreiche Forschung und wirksamen Schutz der Meeressäuger. Sie wurden durch früheren Walfang dezimiert und sind weiterhin durch den Einsatz militärischer Sonaranlagen, Beifang und Wasserverschmutzungen bedroht. Internationale Anstrengungen zur Erhaltung der Biodiversität müssten auch dazu führen, dass neue Ansätze zur Datenerhebung entwickelt werden, so die Wissenschaftler. Dies gelte insbesondere für die Frage, wie sich künstliche Schallquellen wie Sonaranlagen oder seismische Untersuchungen potentieller Öl- und Gasvorkommen auf Wale auswirkten. „Datenlücken betreffen jeden Aspekt der Meeresbiologie und der Planung, von der Fischereipolitik bis hin zu Meeresschutzgebieten“, sagt Kaschner. „Für Haie, die Tierwelt in der Tiefsee oder für Meeresviren ist die Datenlage noch viel bruchstückhafter.“
Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau (idw)