Wald unter Druck - Politik und Naturschützer fordern Taten
Archivmeldung vom 27.09.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Waldsterben ist für viele kein Thema mehr. Stattdessen wird der Wettstreit um eine möglichst intensive Waldnutzung durch die Ukraine-Krise weiter angeheizt. Auch in Deutschland geschieht dies oftmals auf Kosten der Waldökologie, sozialer Standards und stabiler natürlicher Wälder. Anlässlich des weltweiten FSC-Friday fordern Vertreter von Umweltverbänden, Wirtschaft und Politik ein klares Bekenntnis der Politik für die Standards des Forest Stewardship Councils (FSC) und eine deutliche Abgrenzung gegenüber dem PEFC-Siegel.
Für den Präsidenten des Naturschutzbunds Deutschland (NABU), Olaf Tschimpke, gibt es zum FSC-Siegel keine Alternative: "Wie alle anderen namenhaften Umweltorganisationen weltweit sind wir davon überzeugt, dass der FSC einen bedeutenden Beitrag zum Walderhalt und zu einer besseren Waldbewirtschaftung nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten leisten kann." Auch wenn der FSC in einigen Teilen der Welt weiter seine Standards verbessern muss und keineswegs unumstritten sei, bleibe es das einzige Zertifikat, das sowohl die sozialen Verhältnisse verbessere als auch den Verlust natürlicher Wälder aufhalten könne.
NABU: PEFC ist keine Alternative
"Der PEFC mit seinen geringen Umwelt- und Sozialstandards ist für den NABU keine Alternative. Aus diesem Grund fordere ich die Politik in Deutschland auf, dieses doppelte Spiel zu beenden und der FSC-Zertifizierung klar den Vorzug zu geben. Die beiden Zertifizierungssysteme sind in ihrer Wirkung für die Umwelt eben so wenig vergleichbar, wie Fahrrad und Auto", so Tschimpke. Er kündigt an, dass der NABU sich auch in Zukunft aktiv bei der Gestaltung des Deutschen FSC-Waldstandards einbringen werde und appellierte an die deutschen Waldbesitzer sich nach FSC zertifizieren zu lassen.
Auch der Vorsitzende des FSC Deutschland, Dirk Riestenpatt, fordert von der Politik, endlich Farbe zu bekennen: "Wir brauchen deutliche Anreize für Waldbesitzer, sich nach den anspruchsvollen Standards des FSC zertifizieren zu lassen. Für FSC-zertifizierte Waldbesitzer muss sich die Einhaltung des anspruchsvollen Standards lohnen". Dies könne z.B. durch gezielte Unterstützung von FSC-Produkten bei der Vermarktung geschehen. Eine FSC-Zertifizierung sei die einzige wirklich unabhängige Qualitätsauszeichnung für Forstbetriebe.
Praxis der Bundesregierung führt zur Verwirrung und Resignation
Außerdem sollten Waldzertifizierungssysteme mit niedrigeren Standards als FSC nicht länger als gleichwertig für die Beschaffung des Bundes betrachtet werden, dies untergrabe die Bemühungen engagierter Forstleute und Unternehmer, die sich für naturnahe Forstwirtschaft einsetzen. Die bisherige Praxis der Bundesregierung führe bei Beschaffern und Verbrauchern nur zu Verwirrung und Resignation. "Wenn die Bundesregierung sowie die Regierungen der Länder es ernst meinen mit dem Verlangsamen des Klimawandels und des Artensterbens, brauchen wir eine schnell umzusetzende Road-Map für mehr FSC zertifizierten Wald in Deutschland und mehr Produkte mit FSC-Siegel". Nur so lasse sich auch für künftige Generationen der Fortbestand ökologisch wertvoller Wälder in Deutschland und auf der Welt gewährleisten, erklärt Riestenpatt.
Auch Bündnis 90/Grüne sehen dringenden Handlungsbedarf: "Es reicht nicht, über Nachhaltigkeit zu reden - es geht auch und vor allem um das Handeln. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass gerade Bundesländer mit Grüner Regierungsbeteiligung ihre Staatswälder nach den FSC-Standards zertifizieren lassen," erklärt Harald Ebner, der forstpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. "Nicht zuletzt für die Erfüllung unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen und der Vorgaben der nationalen Biodiversitätstrategie brauchen wir artenreiche und stabile Wald-Ökosysteme. Für eine wirklich nachhaltige Waldpolitik sind die Kriterien des FSC ein wichtiger Wegweiser."
FSC verhindert Stellenabbau
Petra Crone, die wald- und forstpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, weist darüber hinaus auf die positiven Effekte für den Arbeitsmarkt hin: "Die FSC-Zertifizierung garantiert auch in Deutschland sichere Arbeitsbedingungen und eine tarifliche Entlohnung bei der gefährlichen Waldarbeit. Schon heute zeige sich, dass mit der Zertifizierung in vielen großen Forstbetrieben ein weiterer Stellenabbau verhindert werden konnte, da die gestiegenen Anforderungen an eine für die Natur schonende Forstwirtschaft wieder mehr Menschen im Wald benötigt." FSC sei das einzige Zertifikat, das den Forstbetrieb und damit den Waldbesitzer ernsthaft in die Pflicht nehme, seiner Verantwortung gegenüber seinen Waldarbeitern und Förstern gerecht zu werden. Das beginne beim fairen Lohn und höre bei den Sicherheitsaspekten längst nicht auf, so Crone: "Für diese personelle Nachhaltigkeit steht der FSC".
Nachhaltiger Konsum braucht Orientierungshilfen
Warum sich die Hersteller von Getränkekartons für eine möglichst große Verbreitung des FSC-Siegels engagieren, erklärt der Geschäftsführer des Fachverbandes Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e.V. (FKN), Michael Brandl: "Wenn wir erreichen wollen, dass sich die Verbraucher bewusst für nachhaltige Produkte entscheiden, brauchen wir glaubwürdige Labels. Die anspruchsvollen Standards und die Beteiligung aller relevanten Interessengruppen waren für uns die entscheidenden Argumente, uns für den FSC und gegen das konkurrierende PEFC-Zertifikat zu entscheiden". Nach Aussage von Brandl tragen bereits 4,8 Milliarden Packungen das Siegel des FSC. Das seien etwa 70 Prozent aller verkauften Getränkekartons in Deutschland. Ende nächsten Jahres sollen es 85 Prozent sein.
Anlässlich des internationalen FSC-Friday appelliert der FSC-Vorsitzende Riestenpatt an alle Interessengruppen: "Der Wald ist sehr viel mehr als ein reiner Rohstofflieferant. Damit Wald in Deutschland und auf der Welt auch in Zukunft seine vielfältigen Funktionen für uns Menschen und andere Lebewesen erfüllen kann, braucht es mehr als Lippenbekenntnisse zur Nachhaltigkeit. Wir müssen hier in Deutschland damit anfangen mehr für verantwortungsvolle Forstwirtschaft zu tun".
Hintergrundinformationen zur FSC: http://www.fsc-deutschland.de/hintergrundinformationen.201.htm
Quelle: Forest Stewardship Council (FSC) (ots)