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Unterschiede beim Hochwasserschutz werden größer

Archivmeldung vom 27.05.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.05.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Eilenburg während des Mulde-Hochwassers im Juni 2013. Seit 2012 ist die Stadt durch umfangreiche Maß
Quelle: Foto: André Künzelmann/UFZ (idw)
Eilenburg während des Mulde-Hochwassers im Juni 2013. Seit 2012 ist die Stadt durch umfangreiche Maß Quelle: Foto: André Künzelmann/UFZ (idw)

Die Menschen in den sächsischen Hochwassergebieten sind zunehmend besser auf Fluten vorbereitet. Allerdings wachsen die Unterschiede zwischen jenen, die gut geschützt sind, und jenen, denen es an Absicherung mangelt. Gerade Haushalte, die zum zweiten oder dritten Mal seit 2002 im Wasser standen, hatten besonders schwer mit den Folgen des Hochwassers von 2013 zu kämpfen. Zu diesem Ergebnis kommt eine sozialwissenschaftliche Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).

Pirna während des Elbe-Hochwassers im Juni 2013. Die Lage der Stadt erschwert einen umfassenden Hoch
Quelle: Foto: Tilo Arnhold/UFZ (idw)
Pirna während des Elbe-Hochwassers im Juni 2013. Die Lage der Stadt erschwert einen umfassenden Hoch Quelle: Foto: Tilo Arnhold/UFZ (idw)

Die Wissenschaftler hatten dazu knapp 1000 Haushalte in sächsischen Kommunen und Städten an Elbe, Mulde, Neiße und kleineren Gewässern in der Oberlausitz befragt, die seit 2002 mehrmals von Hochwasser betroffen waren. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen der Fluten der letzten Jahre auf die Bevölkerung und deren Umgang damit zu untersuchen.

Schadenssummen sinken insgesamt

2013 lagen die Schäden der befragten Haushalte mit rund 10 Millionen Euro deutlich unter denen von 2002, für das die Befragten insgesamt Schäden von rund 24 Millionen Euro angaben. Auch die durchschnittlichen Haushaltsschäden haben sich von rund 55.000 Euro in 2002 um die Hälfte reduziert. „Die beiden Hochwasserereignisse sind trotz ihrer zumindest auf den ersten Blick vorhandenen Ähnlichkeit, nicht ohne weiteres miteinander zu vergleichen. So blieben die Pegelstände in den untersuchten Orten 2013 meist hinter denen von 2002 zurück. Allerdings machten sich die Investitionen in den technischen Hochwasserschutz seit 2002 bemerkbar. Viele Haushalte waren außerdem einfach besser vorbereitet als 2002“, erklärt Dr. Christian Kuhlicke vom UFZ. 60 Prozent der Haushalte gaben an, 2002 sehr stark vom Hochwasser betroffen gewesen zu sein. 2013 waren es nur noch 27 Prozent. „Viele Haushalte wussten 2013, was zu tun ist“, meint Dr. Christian Kuhlicke. Auf die Fluten 2002 waren nach eigener Einschätzung über 75 Prozent gar nicht vorbereitet. 2013 schätzten sich aber über 40 Prozent als gut oder sogar sehr gut vorbereitet ein. Trotz der Unterschiede zwischen den Hochwasserereignissen 2002 und 2013 sind die langfristigen Folgen relativ ähnlich. Rund 70 Prozent der Befragten meinen, dass es ihrem Haushalt genauso gut geht wie vor dem Hochwasser. Für die Wissenschaftler ist dies ein Indiz, dass die meisten Haushalte die starke Betroffenheit und die negativen ökonomischen, gesundheitlichen und psychischen Belastungen gut überwunden haben.

Das Erleben mehrerer Hochwasser belastet Betroffene dennoch stark

Während 2013 die Folgen insgesamt also weniger schlimm waren, so sind die Folgen für jene Haushalte, die 2013 zum zweiten oder dritten Mal im Wasser standen, umso gravierender. 65 Prozent der Befragten haben in den letzten elf Jahren zwischen zwei und vier Hochwasser erlebt. Dies hat erheblich negative Folgen für die Haushalte, da sich ihre Situation häufiger zum Schlechten wendet. Gerade diese mehrfach betroffenen Menschen spielen auch mit dem Gedanken, wegzuziehen. Je nach Wohnlage kann das erhebliche negative Folgen für Kommunen und Städte nach sich ziehen oder aber auch neue Möglichkeiten eröffnen.

Keine landesweite Chancengleichheit beim Hochwasserschutz

Es sind vor allem die kaum oder gar nicht geschützten Kommunen, die in den letzten Jahren mehrfach betroffen waren. Einige Kommunen sind inzwischen deutlich besser geschützt als andere. Während in Eilenburg die Schäden 2013 unter fünf Prozent der Schäden von 2002 gesunken sind, betragen sie in Kommunen wie Pirna oder Glaucha immer noch über die Hälfte des Hochwassers von 2002. „Wir beobachten einen zunehmend ungleichen Schutz. Diese Unterschiede werden sich weiter verstärken, da nicht alle gleich gut geschützt werden können“, fürchtet Sozialgeograf Kuhlicke. Die Gründe dafür sind vielfältig: Einige Kommunen wie z.B. Pirna oder große Teile der Oberlausitz sind wegen ihrer geografischen Lage nur schwer zu schützen, bei anderen dagegen würden Aufwand und Nutzen in keinem akzeptablen Verhältnis stehen. Kleinere Kommunen werden daher langfristig weniger geschützt sein als größere Städte. „Ungeschützte Anwohner werden dann stärker betroffen sein. Umso wichtiger wird es werden, die Bürger besser an diesen Prozessen zu beteiligen und auch die private Vorsorge als Instrument des Hochwasserschutzes zu stärken.“

Private Vorsorge

Eine der Konsequenzen der Flut 2002 ist, dass die Anwohner durch Gesetzgeber und Versicherungen zu mehr privater Hochwasservorsorge aufgefordert werden. In diesem Punkt sind die Ergebnisse der Haushaltsbefragung ernüchternd: Rund 60 Prozent denken, dass sie durch ihr Handeln Hochwasserschäden nicht oder kaum verringern können. Verhaltens- oder Bauvorsorge findet vor allem im Nachgang zu einem Hochwasser statt. Sobald die Erinnerung verblasst ist, passiert kaum noch etwas. Besonders deutlich wird dies an der Anzahl der Versicherungsabschlüsse: In den Hochwasserjahren und kurz danach verdoppelte bis verfünffachte sich die Zahl der abgeschlossenen Elementarschadensversicherungen. Rund die Hälfte der seit der Wende abgeschlossenen Verträge geht also auf ein Hochwasser zurück.

Betroffene fühlen sich nicht in die Prozesse eingebunden

Gefordert sind Politik und Verwaltung auch in zwei anderen Punkten: Über drei Viertel der Befragten gaben an, keine Kenntnis von Hochwasserrisikokarten zu haben. Dabei sind diese ein wichtiges Mittel, damit sich Bürger über die Gefährdung und mögliche Konsequenzen von Fluten informieren können. Seit 2013 schreibt die EU-Hochwasserrichtlinie daher Hochwassergefahren und -riskokarten sowie Risikomanagementpläne als die wichtigsten Instrumente vor, um die Bürger besser auf solche Katastrophen vorzubereiten. Dass diese Karten für Laien oft nur schwer verständlich sind, hatten UFZ-Forscher bereits 2012 in einer anderen Studie festgestellt.

Stärker nachgedacht werden sollte auch über die Beteiligung der Bürger an den Planungsprozessen des Hochwasserschutzes. Über die Hälfte der Befragten hält die Bürgerbeteiligung bei der Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen für sehr wichtig, aber weniger als ein Zehntel hat bereits daran teilgenommen. An der Bereitschaft mangelt es jedoch nicht: Über die Hälfte würde sich gerne beteiligen. Die Mehrheit der Betroffenen würde die getroffenen Entscheidungen dann auch leichter akzeptieren. „Beteiligung wird also keinesfalls als ein „Schönheitswettbewerb“ gesehen, sondern als ein grundlegendes demokratisches Recht, das auch helfen kann, strittige Entscheidungen zu akzeptieren“, unterstreicht Christian Kuhlicke.

Fazit

Generell sollte private Vorsorge viel stärker gefördert und Fördermittel nicht nur für den technischen Hochwasserschutz ausgegeben werden, der eben nicht flächendeckend wirken kann. Der Schwerpunkt bei der Förderung von privater Vorsorge sollte dabei auf den weniger gut bzw. gar nicht geschützten Gebieten liegen. Auch sollte geprüft werden, inwiefern das derzeitige Versicherungssystem die negativen Folgen der Mehrfachbelastung der vom Hochwasser Betroffenen auffangen kann. In den weniger geschützten Räumen müssen sie sich derzeit – sofern möglich – selbst versichern oder sind auf staatliche Ad-hoc-Hilfen angewiesen, die keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung begründen. Es bedarf einer systematischen, flächendeckenden und planvollen Regelung der Schadenskompensation, wie z.B. im Rahmen einer Pflichtversicherung.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ (idw)

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