Alligatoren kommunizieren Artgenossen ihre Größe – zum Abschrecken und Verführen
Archivmeldung vom 12.05.2017
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtMississippi-Alligatoren produzieren laute, tief klingende Rufe, sogenannte "Bellows". KognitionsbiologInnen der Universität Wien um Stephan Reber und Tecumseh Fitch haben deren Frequenzen analysiert und herausgefunden, dass die Tiere ihren Artgenossen akustische Indikatoren zur Körpergröße übermitteln. Damit können die Reptilien aussichtslose Kämpfe um PartnerInnen und Territorien vermeiden. Die Ergebnisse der Studie erscheinen aktuell in "Scientific Reports".
Für Alligatoren und andere Arten der Ordnung der Krokodiliden kann es beachtliche Vorteile haben, größer als ein Artgenosse zu sein: Weibchen akzeptieren in der Regel nur Männchen als Partner, die größer sind als sie selbst, und größere Alligatoren setzen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in territorialen Kämpfen durch. Direkte körperliche Konfrontationen bei Krokodiliden können zu tödlichen Verletzungen führen. Wenn die Tiere also potenziellen PartnerInnen und Rivalen ihre Körpergröße frühzeitig und verlässlich signalisieren könnten, wäre das ein Vorteil. Wie ein Team um Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien nun erstmals bei Reptilien nachweisen konnte, ist es für die Tiere möglich, die eigene Größe mit akustischen Signalen mitzuteilen.
Mississippi-Alligatoren produzieren ganzjährig sogenannte "Bellows", am häufigsten jedoch während der Paarungszeit. Interessanterweise unterscheidet sich dieses Verhalten zwischen den Geschlechtern, wie Co-Autor Kent Vliet von der University of Florida schon früher beschrieben hat: Nur männliche Alligatoren lassen das Wasser über ihren Rücken kurz vor dem Ruf durch (für Menschen) unhörbare Vibrationen tanzen.
Für die aktuelle Publikation nahmen Erstautor Stephan Reber und Judith Janisch von der Universität Wien die "Bellows" von 43 ausgewachsene Alligatoren an der St. Augustine Alligator Farm Zoological Park in Florida auf. Gemeinsam mit den Kuratoren des Zoos, Kevin Torregrosa und Jim Darlington, ermittelten sie auch Kopf- und Körperlängen der Tiere.
Die detaillierte Analyse der akustischen Aufnahmen ergab Überraschendes: Die Frequenzen der Laute, die durch die Stimmbänder erzeugt werden, korrelierten kaum mit der Körpergröße. Die Resonanzen hingegen waren ein nahezu perfekter Größenindikator. "Die Frequenzen von akustischen Resonanzen hängen von der Länge des Vokaltraktes ab. Größere Alligatoren haben längere Vokaltrakte und daher auch tiefere Resonanzen", erklärt Reber. Dieses biologische Muster fand Fitch bereits bei einigen Vögeln und den meisten Säugetieren, inklusive dem Menschen. Bei Reptilien war es bislang unbekannt.
Vögel und Krokodiliden teilen mit allen ausgestorbenen Dinosauriern einen gemeinsamen Vorfahren. "Daher ist es wahrscheinlich, dass auch Dinosaurier ihren Artgenossen ihre Körpergröße durch Resonanzen ihrer Vokalisation mitgeteilt haben", so Reber abschließend.
Quelle: Universität Wien (idw)