Atmosphärische Anreicherung laut Hypothese auch abiotisch möglich
Archivmeldung vom 15.09.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBislang galt Sauerstoff als ein Schlüsselindiz dafür, dass es auf einem extrasolaren Planeten (Exoplaneten) Leben geben könnte. Doch ein so sicheres Zeichen ist das nicht, wie japanische Forscher meinen. Denn sie haben in einer aktuellen Studie eine Hypothese präsentiert, nach der ein Sauerstoffgehalt wie jener der Atmosphäre völlig abiotisch erreicht werden kann. Statt Pflanzen bewirkt dabei eine photokatalytische Reaktion mit Titanoxid die atmosphärische Anreicherung mit dem vermeintlich lebensanzeigenden Sauerstoff.
Die Erdatmosphäre enthält nur deshalb so viel Sauerstoff, weil Pflanzen ihn durch Photosynthese erzeugen. Daher ist die Annahme verbreitet, dass ein hoher Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre eines Exoplaneten ebenfalls auf Pflanzen und damit Leben schließen lässt. Doch das stimmt wohl nicht, so der Astrobiologe Norio Narita und der Molekularwissenschaftler Shigeyuki Masaoka von den National Institutes of Natural Sciences. Sie haben ermittelt, dass viel Sauerstoff auch dadurch entstehen könnte, wenn Titanoxid den Zerfall von Wasser begünstigt.
Titanoxid ist eine eigentlich relativ häufige Verbindung, die beispielsweise in Meteorgestein und auf der Oberfläche von terrestrischen Planeten oder des Mondes vorkommt. Den Japanern zufolge ist nicht auszuschließen, dass eben dieses Material für eine Sauerstoffanreicherung von Atmosphären verantwortlich ist. Denn es kann als Katalysator für eine Photoreaktion dienen, bei der Licht Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Ein eigentlich bewohnbarer Planet könnte dadurch eine Atmosphäre ähnlich unserer bekommen, obwohl es dort keinerlei Pflanzen oder anderes Leben gibt.
Weitere Forschungen notwendig
Den Berechnungen der Forscher zufolge würde es auf einem Planeten ähnlich der Erde ausreichen, wenn die Reaktion auf 0,05 Prozent der Oberfläche andauernd abläuft, damit die Atmosphäre einen erdähnlichen Sauerstoffgehalt erreicht. Selbst unter ungünstigen Bedingungen auf einem Planeten, der einen sehr kühlen Stern umkreist, würden dafür drei Prozent der Oberfläche genügen. "Wenngleich Sauerstoff ein möglicher Biomarker bleibt, wird es nötig, nach neuen Biomarkern zu suchen", meint daher Narita. Forscher aus verschiedenen Fachgebieten müssten zusammenarbeiten, um zu klären, was wirklich sichere Zeichen für die Existenz von Leben auf anderen Welten sind.
Quelle: www.pressetext.com/Thomas Pichler