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Bundesamt für Naturschutz "Hochwasserkatastrophe muss Anlass für mehr Naturschutz sein"

Archivmeldung vom 23.08.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Angesichts der dramatischen Flutkatastrophe in Süddeutschland sowie in der Schweiz und Österreich mahnt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) einen sorgsameren Umgang mit unseren Gewässern an: "Der Naturschutz muss sowohl an unseren Flüssen als auch bei der Landnutzung einen größeren Stellenwert erhalten", sagte der BfN-Präsident Prof. Dr. Hartmut Vogtmann.

Die Verschärfung in Ausmaß und Häufung der Hochwasser in den letzten Jahren ist nach Auffassung des BfN  vom Menschen mitverursacht. "Äußerungen zum Naturschutz als Verhinderer des wirtschaftlichen Fortschrittes sind absurd angesichts der großen volkswirtschaftlichen Belastungen, die Naturkatastrophen hinterlassen," erklärte Vogtmann.

Allein im Jahr 2003 musste die Münchener Rück, die größte Rückversicherung der Welt, Verluste von beinahe einer halben Milliarde Euro melden. Sie hatte schon 2002 errechnet: Wenn die Naturkatastrophen noch einmal 60 Jahre so zunehmen, wie in den letzten 40 Jahren, dann reicht das Bruttosozialprodukt der gesamten Menschheit zur Schadensregulierung nicht mehr aus. "Auf jährlich 58 Milliarden Euro wird der wirtschaftliche Nutzen der Feuchtgebiete weltweit veranschlagt, wenn man ihren Beitrag zur Hochwasservorsorge und sonstige ökologische Funktionen berücksichtigt", sagte der BfN-Präsident. Flussbegradigungen, der Verlust von Auen, die intensive Landnutzung, die Flächenversiegelung und das nach wie vor hohe Niveau der Waldschäden in den Hochlagen tragen zu den katastrophalen Auswirkungen der Fluten bei.

"Die jetzige Katastrophe in Süddeutschland wird zwar durch extreme Niederschläge verursacht. Sie muss aber gleichzeitig Anlass sein, die alarmierenden Zeichen für unseren oftmals verfehlten Umgang mit den Flüssen, deren Einzugsgebieten und dem Wasserhaushalt, insbesondere in Bezug auf die Böden Ernst zu nehmen", erläuterte Vogtmann. Dramatisch ist nach Auffassung des BfN unter anderem der Verlust der Auen und damit der natürlichen Überschwemmungsflächen. Von den ehemals großflächigen Auen unserer Ströme ist nur ein kleiner Teil übrig geblieben. An fast allen größeren Flüssen wurden die Auen durch Staustufenbau, Kanalisierung und Regulierung sowie Deichbauten auf einen Bruchteil reduziert. Der Rhein büßte so ca. vier Fünftel seiner Auen ein, am deutschen Abschnitt der Elbe sind nur noch etwa 15 bis 20% der natürlichen Überschwemmungsflächen erhalten. "Die Funktion der Auen als Hochwasserretentionsflächen muss daher, wo immer möglich, wieder hergestellt werden. Gleichzeitig müssen die noch vorhandenen naturnahen Auen, beispielsweise an Donau, Elbe und Rhein erhalten, langfristig gesichert und dürfen keinesfalls durch weiteren Staustufenbau und Eindeichungen gefährdet werden", forderte Professor Vogtmann.

Das BfN weist in diesem Zusammenhang auf die europäische Wasserrahmenrichtlinie hin, die derzeit in nationales Recht umgesetzt wird. Nach Auffassung des BfN bietet diese Richtlinie hervorragende Möglichkeiten, Naturschutz und Wasserhaushalt miteinander zu verbinden. "Diese Chance muss genutzt werden, denn die Wasserrahmenrichtlinie richtet den Blick auf die gesamten Einzugsge-biete unserer Ströme. Gerade dort muss ein vorsorgender Hochwasserschutz ansetzen und versuchen, die Fluten bereits im Entstehen zu entschärfen. Wir brauchen deshalb ein nationales Fluss- und Auenprogramm und müssen Renaturierungsmaßnahmen an unseren Bächen, Flüssen und Strömen umsetzen, das BfN leistet dazu bereits seit Jahren einen wesentlichen Beitrag", erläuterte Professor Vogtmann. Als weiterer wichtiger Faktor zur Verschärfung der Hochwasserentstehung wirkt die derzeitige Form der Bodenbearbeitung. In Verbindung mit der Monotonie der Fruchtfolgen in der intensiven Landwirtschaft wird der Boden verdichtet, das Wasseraufnahmevermögen vermindert und damit der Oberflächenwasserabfluss beschleunigt. Dies geschieht nicht nur in den Auen, sondern auf der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche, immerhin die Hälfte der Landesfläche. " Das gesunkene Wasseraufnahmevermögen vieler Böden muss Anlass zur Änderung der landwirtschaftlichen Bodennutzung sein. Hier sind extensivere Nutzungen, die konservierende Bodenbearbeitung und insbesondere die Fruchtfolgen und Produktionstechniken des ökologischen Landbaus eindeutig vorteilhafter", sagte der BfN-Präsident.

Quelle: Pressemitteilung BfN

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