Aussterben von Bienen ist für Menschen bedrohlich
Archivmeldung vom 01.03.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKrankheiten, für welche Bienen anfällig sind, sind ansteckend für Hummeln und andere Bestäuber. Zu diesem Schluss kamen laut einem Bericht von Natalia Kowalenko bei Radio "Stimme Russlands", britische Wissenschaftler. In den vergangenen zehn Jahren sind in den USA 90 Prozent und in Großbritannien über 50 Prozent aller Bienen gestorben.
Kowalenko weiter: "Aber auch in Schweden, Deutschland, Österreich, Italien, Israel sowie in anderen Regionen der Welt sterben diese Insekten massenhaft aus.
Durch das Aussterben von Bienen ist der Ertrag von Obstkulturen in den USA wesentlich gesunken. Dabei sind Äpfel- und Mandelbäume am stärksten betroffen. Jeden Frühling werden Bienenstöcke aus anderen Teilen des Landes und sogar aus dem Ausland in die betroffenen Gebiete gebracht. Das ist jedoch wenig hilfreich, denn die meisten übersiedelten Bienen sterben schon bis zur nächsten Saison aus. Beim Transport erhöht sich zudem das Risiko einer Ansteckung erheblich. Ebenfalls in den USA wurde 1998 eine Bienenfamilie von einem Käfer angegriffen. Der Käfer wurde für die US-Bienenzüchter zu einer richtigen Gefahr. Arnold Butow, Präsident des russischen Verbandes für Bienenzüchter, äußert sich dazu folgendermaßen:
„Dieser Käfer frisst nicht nur die Bienen, sondern auch das Innere des Bienenstocks. Das Schrecklichste besteht aber darin, dass er nicht nur mit Honig und von Bienen, sondern auch mit Holz übertragen wird.“
Eine weitere Gefahr stellen Zecken und Fliegen dar. Sie gelangen in den Körper einer Biene und fressen sie von innen. Als Folge wird die Biene schwächer, bringt defektive Nachkommen hervor, verliert die Orientierungsfähigkeit und stirbt. Es ist praktisch unmöglich, dies zu bekämpfen. Die Bienen sind nämlich nicht fähig, Parasiten und Viren standzuhalten. Das Beisammen mit dem Menschen habe ihre Überlebensfähigkeit wesentlich beeinträchtigt, betont Anatoli Kotschetow, Doktor der landwirtschaftlichen Wissenschaften und Bienenzüchter.
„Genauso wie Menschen erkranken auch Bienen, wenn sie eine ungesunde Lebensweise haben und sich ungesund ernähren. Wir haben die Bienen domestiziert und nutzen zunehmend verschiedene Erzeugnisse der Bienenzucht, wie etwa Honig, Königinfuttersaft, Blütenstaub, Bienenbrot, Wachs, Bienengift und Bienenharz. Dabei haben wir und die Bienen vergessen, wie sich die Bienen vor 50 Millionen Jahren verhielten, als sie sich mit allem Notwendigen selbständig versorgten. Wir haben sie aber dessen abgewöhnt. Daher auch die Krankheiten.“
Erkrankte Bienen stecken auch ihre gesunden Artgenossen an. Das massenhafte Aussterben von Bienen und anderen Hautflüglern wird die Erde bald unerkennbar machen. 80 Prozent aller blühenden Pflanzen werden von Bienen bestäubt. Heute müssen die Menschen die Bestäubungsfunktion zunehmend übernehmen. Doch der Mensch ist nicht in der Lage, jede einzelne Blume zu bestäuben. Albert Einstein sagte einmal: Falls die Bienen aussterben, werden auch die Menschen vier Jahre später aussterben. Es gibt jetzt immer weniger Bienen."
Bienensterben: Bundesamt für Verbraucherschutz kippt EU-Verbot
Trotz eines EU-Verbots hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) das für Bienen gefährliche Pestizid Fipronil zugelassen. Ermöglicht wurde das durch die sogenannte Zulassung für Notfallsituation. Noch Ende November 2013 hatte sich das BVL gegen die Anwendung des Giftes ausgesprochen. Michael Kiesewetter, von Radio "Stimme Russland", sprach dazu mit Christiane Huxdorff, Landwirtschaftsexpertin von Greenpeace.
Was fordern Sie nach der Zulassung vom BVL?
Wir fordern ganz klar, dass das BVL diese Zulassung wieder zurück nimmt, weil sie ja Ende letzten Jahres diese Zulassung auch schon einmal abgelehnt hatten. Von daher ist es jetzt unumgänglich, diese Zulassung wieder zurück zu nehmen.
Wie kam es zu der Sonderzulassung für 120 Tage?
Da können wir natürlich nur spekulieren, aber Ende letzten Jahres wurde diese Zulassung ja schon einmal abgelehnt, da war es so, dass die Höchstmenge auf EU-Ebene abgesenkt werden sollte. Wenn dann das Mittel angewendet worden wäre, dann wären die Rückstände in den Kartoffeln über der Höchstgrenze gewesen. Da hat dann das BVL gesagt, unter diesen Umständen können wir das Mittel Goldor Bait nicht zulassen, aber jetzt ist diese Höchstmenge nicht abgesenkt worden und sie haben auch die Bienengefährlichkeit außer Acht gelassen und das Mittel jetzt doch zugelassen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hatte eine hohe akute Gefahr des vom Chemiekonzern BASF produzierten Pestizids für Bienen bestätigt, wenn dieses zur Saatgutbehandlung von Mais eingesetzt wird. Gibt es da keine „weniger gefährlichen“ Alternativen?
Es ist ja in Deutschland so, dass das Mittel Fipronil gar nicht für die Saatgutbehandlung von Mais zugelassen ist, das heißt, hier braucht es gar keine Alternativen. Hier ist es ja lediglich beim Kartoffeleinsatz gegen den Drahtwurm zugelassen, und da gibt es ganz klar Alternativen. Man kann eben durch Fruchtfolge den Boden stärken, dass eben der Drahtwurm nicht so einen massiven Befall aufweist. Man kann eben auch durch eine richtige Bodenbearbeitung, weil der Drahtwurm sehr empfindlich bei Trockenheit ist, das heißt wenn man zum richtigen Zeitpunkt die Erde noch einmal umpflügt, dann kann man den Befall erheblich dezimieren.
In den letzten Jahren starben allein in Deutschland pro Jahr etwa ein Drittel der Bienenvölker. Könnten Sie noch einmal die Gründe dafür nennen?
Das Bienensterben ist ein Multifaktorielles Problem, es ist zurückzuführen auf Krankheitsbefall aber auch Milben. Die Varroamilbe ist mit ein Faktor, aber natürlich auch Sachen, wie die industrialisierte Landwirtschaft ,wo einfach keine gute Nahrung da ist, aber auch der Pestizideinsatz, das sind alles Mit-Gründe dafür, das in den letzten Jahren die Bienen über den Winter gestorben sind.
Könnte es passieren, dass es bald gar keine Bienen mehr gibt?
Momentan ist es so, dass zwar Bienen sterben, diese aber immer wieder von den Imkern nachgezüchtet werden, weil ja auch der Honig produziert werden soll, natürlich auch die Bestäubungsleistung erhalten werden muss. Momentan ist es nicht so, dass man sagen kann, dass die Biene gleich nicht mehr da ist.
Wie sieht es mit dem Endprodukt der Bienen, dem Honig aus, hilft es, auf Bio Honig zurückzugreifen?
Bio-Honig ist natürlich immer eine gute Sache, da weiß man eben, dass die Behandlung der Bienen der Ökoverordnung entsprochen hat. Allerdings kann man der Biene nicht sagen wo sie hinfliegen darf, das heißt da wo sie ihre Pollen und den Nektar einsammelt - das sind eben sowohl ökologische als auch konventionelle Felder. Von daher kann die Biene natürlich auch mit Pestiziden in Berührung kommen. Aber im Endprodukt Honig sind auch beim konventionellen Honig nur sehr wenig Rückstände.
Das heißt aber auch, es ist fast unerheblich ob Bio oder konventioneller Honig?
Im Prinzip ja.
Quelle: Text Natalia Kowalenko / Michael Kiesewetter - „Stimme Russlands"