Fernöstlicher Leopard außer Gefahr
Archivmeldung vom 11.05.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Zahl von fernöstlichen Leoparden in der Region Primorje nimmt kräftig zu, berichtet Jelena Kowatschitsch bei "Stimme Russlands". Wie eine Untersuchung ergibt, sind dort jetzt rund 50 dieser schönen gefleckten Raubkatzen beheimatet. Noch vor fünf Jahren waren es etwa 60 Prozent von dieser Zahl. Also ist der bisher gebräuchliche Spruch: „es gibt nur noch dreißig“ nicht mehr aktuell. Wissenschaftler behaupten, der Leopard habe die Gefährdungsgrenze überwunden.
In dem Beitrag heißt es weiter: "Die Bedingungen, unter denen die Wissenschaftler arbeiten mussten, waren alles andere als leicht: Tiefer Schnee erschwerte die Erfassung. Doch auch für die Tiere war es beschwerlich, sich in den Schneehaufen zu bewegen. Deshalb waren ihre Spuren in lokalen Abschnitten konzentriert, und dadurch ging die Wahrscheinlichkeit dessen, das ein und dasselbe Individuum auf verschiedenen Routen erfasst wird, zurück. Die Leoparden seien nach der klassischen Methode gezählt worden, die seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Anwendung findet und sich als überaus wirkungsvoll erwiesen habe, sagte Jelena Salmanowa, die für die Forschung zuständige stellvertretende Direktorin des Nationalparks „Semlja Leoparda“, gegenüber der STIMME RUSSLANDS:
„Der einzige Unterschied bestand darin, dass wir eine größere Anzahl von Zählern eingesetzt haben, was es uns ermöglichte, die Erfassung innerhalb einer kurzen Frist von vier Tagen vorzunehmen. Wenn es früher eine begrenzte Gruppe von Wissenschaftlern, fünf bis sechs Personen, gewesen war und sie für die Erfassung etwa 20 Tage benötigten, so haben wir jetzt einen anderen Weg eingeschlagen.“
Bei einem minimalen Zeitaufwand ist das Resultat beeindruckend ausgefallen. Die Wissenschaftler sprechen von mehreren Sensationen. Die erste ist, dass sich die zahlenmäßige Stärke seit der letzten Zählung wesentlich (von 30 auf 50 Tiere) erhöht hat. Die zweite Sensation besteht darin, dass sich der Leopard in den Norden in Bewegung gesetzt hat. Ein Männchen sowie ein Weibchen mit einem Jungtier wurden auf dem Territorium des Teil-Naturschutzgebietes „Poltawski“ entdeckt. Früher war er nicht bis an die nördlichste Grenze des Areals gekommen. Damit „dankt“ der Leopard dafür, dass es gelungen ist, das Naturschutzgebiet zuverlässig zu schützen, meinen die Fachleute. Und die dritte Sensation: Der Leopard hat untypische Wohnstätten erschlossen. Ein Paar hat sich die Mündung eines größeren Flusses ausgesucht, wo es praktisch keinen Wald gibt. Grund für einen solchen Verstoß gegen die Tradition ist die Menge an Hasen und Rehen, die wegen des hohen Schnees dorthin umgezogen waren. Die Wilderer konnten dies nicht ahnen, und deshalb verbrachte dort eine Leopardenfamilie einen ruhigen und satten Winter. Und schließlich die vierte Sensation: Man hat die gefleckte Raubkatze im südlichsten Punkt Russlands, an der Grenze zu Nordkorea, entdeckt. Solche Fälle sind seit dem vergangenen Jahrhundert nicht mehr vermerkt worden. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass das Tier die Grenzen der drei Staaten überquert und in den Wäldern Chinas und Nordkoreas sowie Russlands vorbeischaut. Ende letzten Jahres seien chinesische Fachleute in die Region Primorje gekommen, um sich die Erfahrungen der russischen Forscher bei der Leopardenerfassung zunutze zu machen, erzählt Jelena Salmanowa:
„Die Theorie kennen sie, denn es gibt ja Veröffentlichungen. In der Praxis aber haben sie diese Methodik nie genutzt. Wie man die Leoparden im Schnee zählt, wussten sie nicht. Nun kamen sie, um es mit eigenen Augen zu sehen, sie liefen mit und planen nun, die gleiche Erfassung auf der chinesischen Seite vorzunehmen. Dadurch werden wir imstande sein, die Resultate miteinander zu vergleichen.“
Als die Erfasser dabei waren, die Spuren des Leoparden zu zählen, hatten sie Glück: Dem Tierfotografen Valeri Malejew gelang es, ein erstaunliches Tier, einen Leoparden mit weißen Tatzen, aufzunehmen. Aus der Anordnung der Flecken erkannte man, dass diese Raubkatze im Frühjahr 2012 bereits in das Objektiv von Fotofallen geraten war. Die Bilder, die man in diesem Jahr erhalten hat, weisen nach, dass sich dieses bildschöne Tier im Naturschutzgebiet wie ein Herr im Hause benimmt, stellten die Wissenschaftler fest. Allerdings fürchten sie um das Schicksal dieses Tieres und der anderen Leoparden. Die Erfassung hat ergeben, dass auf dem gleichen Territorium 23 Amurtiger, doppelt so viele wie vor fünf Jahren, leben. Der Tiger ist ein Konkurrent des Leoparden und zweifellos ein größeres und stärkeres Tier. Wissenschaftler haben auf Grund von Spuren zwei Fälle registriert, wo ein Tiger einen Leoparden verfolgt hat und nur das Vermögen des letzteren, blitzschnell auf Bäume hinauf zu klettern, die gefleckte Katze vor der gestreiften gerettet hat. Den Fachleuten zufolge muss der Frage, welchen Einfluss der Amurtiger auf die Population des fernöstlichen Leoparden hat, mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden."
Quelle: Text Jelena Kowatschitsch - „Stimme Russlands"