Deutschland ist Mehrweg-Weltmeister
Archivmeldung vom 08.06.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDas deutsche Getränke-Mehrwegsystem ist das größte, vielfältigste, ökologischste und leistungsfähigste der Welt - und wird es bleiben: Die Ausweitung des Einwegpfandes und Abschaffung so genannter Insellösungen zum 1. Mai 2006 hat das Mehrwegsystem in der Getränkewirtschaft entscheidend stabilisiert.
Eine Renaissance der
Blechbüchse, wie von der Dosenlobby angekündigt, ist ausgeblieben -
im Gegenteil: Verbraucher lassen Plastikbrause und Dosenbier in den
Regalen stehen und kaufen statt dessen Mehrweg, und dies aus gutem
Grund: Attraktive Getränkeangebote in Mehrweg und die Kosten für das
aufwändige Einwegpfandsystem von bis zu 10 Cent pro Verpackung haben
die "Waffengleichheit" von Einweg und Mehrweg wiederhergestellt.
Darauf haben die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), der Bundesverband
mittelständischer Privatbrauereien und der Bundesverband des
deutschen Getränkefachgroßhandels in Berlin hingewiesen.
"Deutschland ist Mehrweg-Weltmeister - und wird es bleiben!
Millionenschweren Aktionen der Einweglobby zum Trotz stehen wir heute
vor einem strahlenden Mehrweg-Sommer 2006", sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. So sei die im April
gestartete, millionenschwere Werbe-Kampagne der Büchsenfraktion "Can
Open" grandios verpufft. Nach Informationen der DUH ist der Verkauf
von Getränkedosen weiter rückläufig. Die verbliebenen Dosenhersteller
produzieren vor allem für den Export. Viele Tausend Händler
verabschiedeten sich zum 1. Mai zudem von Getränken in Dosen und
Einweg-Plastik. "Die Bürger sehen seit der Einführung des
Pflichtpfandes keine Bierbüchsen und keine Einweg-Plastikflaschen
mehr in der Landschaft. Und sie wollen, dass das so bleibt",
begründet Resch den Umstand, dass diejenigen Händler, die Einweg zum
1. Mai verstärkt eingelistet haben, auf ihrer Ware sitzen bleiben.
Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür sei der Mineralbrunnen
Gerolsteiner, der mit seinem Versuch gescheitert ist, seinen
Marktanteil über Einweg-Billigangebote ruckartig zu vergrößern.
Abgesehen von dem Segment der Discount-Billigwässer ist die
Mehrwegquote bei allen übrigen bepfandeten Getränkegruppen heute
höher als vor der Einführung des Dosenpfandes zum 1.1.2003.
Der Versuch des Limonade-Multis Coca-Cola, im Umfeld und
Windschatten der Fußball-WM eine neue Dosenlawine auszulösen, sei
ebenfalls gescheitert. Nach einer Intervention der Deutschen
Umwelthilfe bei FIFA und Deutschem Fußballbund hatte der WM-Sponsor
Coca-Cola den Plan aufgeben müssen, ökologisch schädliche
Einweggetränke in den WM-Stadien und um sie herum zu verkaufen und so
nebenbei das "Green-Goal-Konzept" des Sportereignisses zu
diskreditieren. Am heutigen Donnerstag werde nun auch "der
hinterlistige Versuch von Coca-Cola, als pfandfreie Mehrwegbehälter
getarnte Einweg-Ball-Flaschen millionenfach über die Fastfood-Kette
McDonalds unter das Fußball begeisterte Volk zu bringen, abrupt
beendet." McDonalds hatte sich nach einer Abmahnung und
Klageandrohung der DUH am vergangenen Freitag aus der Umarmung des
Coca-Cola Konzerns gelöst und sich gegenüber der DUH verpflichtet,
den Verkauf der Einweg-Ballflaschen noch vor der WM-Eröffnung
bundesweit zu stoppen. Nach DUH-Informationen war eine Reinigung und
Wiederbefüllung der mit der Aufschrift "Mehrwegflasche"
gekennzeichneten Coca-Cola-WM-Flaschen von Anfang an weder
beabsichtigt noch technisch möglich.
"Die Bierdose ist out, Mehrweg bleibt auf dem Vormarsch", betonte
auch der Geschäftsführer des Bundesverbandes mittelständischer
Privatbrauereien, Roland Demleitner. Sein Verband vertritt über 800
Brauereien in Deutschland. Die von einigen Großbrauereien und der
Verpackungsindustrie erhoffte Renaissance der Bierdose im Handel sei
nach der Pfand-Vereinfachung Anfang Mai nicht eingetreten. "Die
Akzeptanz der Dose ist sowohl im Handel als auch beim Verbraucher
stark rückläufig. Die Kunden haben die Glasmehrwegflasche als die
qualitativ beste und umweltfreundlichste Bierverpackung
wiederentdeckt. Die Mehrwegquote bei Bier liege in der Folge stabil
zwischen 88% und 91% und damit so hoch wie zuletzt in den 80er Jahren
des letzten Jahrhunderts, erklärte Demleitner.
"Mehrweg bleibt die tragende Säule des deutschen Getränkemarktes",
sagte Günther Guder, der Geschäftsführende Vorstand des
Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH). Eine
Blitzumfrage unter den Verbandsmitgliedern habe ergeben, dass zwar
über unterschiedliche Vertriebsschienen Einweg neu gelistet werde,
jedoch keine gravierende Änderung des Verbraucherverhaltens zu
beobachten sei. Guder spricht für rund 1000 GFGH-Mitglieder mit rund
45.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Der von der einwegorientierten Getränkeindustrie "vor dem Stichtag
1. Mai herbei geredete Einweg-Tsunami kommt daher wie eine
Ostseewelle im Altweibersommer", so Guder. Der anhaltende Trend zu
regionalen Produkten, die in Mehrweg-Behältern angeboten werden, sei
offenbar stärker als die propagandistisch verarbeiteten Wünsche der
Einwegindustrie. Die vergleichenden Kostenbetrachtungen zwischen
Einweg- und Mehrwegsystemen, wie sie zum Beispiel vom Fraunhofer
Institut für Logistik in Dortmund kürzlich veröffentlicht wurden,
unterstreichen die Attraktivität von Mehrweg auch für die Zukunft.
Mit der Einführung des bundeseinheitlichen Einwegrücknahmesystems sei endlich "Waffengleichheit" hergestellt. Das Ziel, das Handling von Mehrweg und Einweg anzugleichen und Mehrweg damit wettbewerbsfähiger zu machen, sei näher gerückt. Alles in allem verändere sich der Charakter von Einweg von ehedem "Ex und Hopp" in "Ex und zurück", verbunden mit Kosten von fünf bis acht, teilweise bis zehn Cent je Verpackung, meinte Guder. Folglich habe der Konsument eine wirkliche Wahl zwischen niedrig bepfandetem Mehrweg in ökologisch vorteilhaften Flaschen und höher bepfandeten - weil ökologisch nachteiligen - Einweg-Verpackungen. Um in dieser Situation den ökologischen Unterschied der beiden Systeme transparent zu halten, machen immer mehr Hersteller mit einem brachenübergreifenden Mehrwegzeichen und entsprechenden Aktionen in den Märkten auf Mehrweg-Pfandflaschen aufmerksam.
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.