Forscher äußern sich in Zeitschrift "Nature" über Schweineversuch im österreichischen Ötztal
Archivmeldung vom 26.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittÜber 200 Zeitungen weltweit, nationale und internationale Fernseh- und Radiosender haben über das Lawinenprojekt berichtet, welches mit Schweinen als Versuchstieren Anfang dieses Jahres im Ötztal gestartet, nach vier Tagen jedoch vorzeitig abgebrochen wurde.
Die Redaktion des weltweit führenden Wissenschaftsmagazins "Nature" wandte sich noch während des Versuchs an die Forschergruppe, um mehr über die Hintergründe des mittlerweile weltberühmten und dennoch großteils verzerrt und sensationsgeladen dargestellten Forschungsprojekt zu erfahren.
In der aktuellen "Nature"-Ausgabe vom 18. Februar äußern sich Studienleiter Hermann Brugger vom Institut für Alpine Notfallmedizin der Europäischen Akademie Bozen (EURAC), Peter Paal von der Abteilung für Anästhesie und Wiederbelebung der Universitätsklinik Innsbruck und Biostatistiker Markus Falk.
Die drei Experten erläutern, dass sie mithilfe des Versuchs mit
betäubten Schweinen reale Maßstäbe für die Überlebenschance von
Lawinenopfern bekommen wollten. Die Ergebnisse hätten einen
entscheidenden Beitrag zur Rettung von Menschenleben leisten können, so
sagen sie. Sensationsmeldungen, die verbreitet hatten, dass 'Tiere im
Schnee zu Tode gequält werden', hatten zur Folge, dass die beteiligten
Wissenschaftler von Tierversuchsgegnern bedrängt wurden, sogar
Morddrohungen erhielten und schlussendlich das Forschungsprojekt
abbrechen mussten - ein unschätzbarer Verlust für die
notfallmedizinische Forschung, findet Studienleiter Brugger. Die
Wissenschaftler bestätigen, dass das Projekt ordnungsgemäß eingereicht
und von der zuständigen österreichischen Tierversuchskommission und dem
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung genehmigt worden war.
Angesichts dieses herben Rückschlags für das Forschungsprojekt und
gleichzeitig für die Freiheit der Wissenschaft fordert Brugger in der
Zeitschrift "Nature" zu einem breiteren öffentlichen Diskurs über
Tierversuche auf. Es herrsche darüber offensichtlich eine große
Unsicherheit und ein Informationsdefizit, so Brugger. "Dass
Tierversuche, die unter strengen ethischen und juridischen Kriterien
durchgeführt werden, für die medizinische Forschung und somit auch für
unseren Lebensstandard unabdingbar sind, wird zu wenig wahrgenommen",
macht Brugger deutlich. Er appelliert, die Notwendigkeit der freien
Forschung in der Öffentlichkeit zu begründen, um zu verhindern, dass
eine kleine radikale Minderheit eine für die Allgemeinheit wichtige
wissenschaftliche Untersuchung derart torpedieren kann.
Quelle: Europäische Akademie Bozen - European Academy Bozen/Bolzano