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Alpengipfel werden immer ähnlicher

Archivmeldung vom 01.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Wenige Meter unter dem Gipfel des 3262 Meter hohen Piz Languard untersuchen Biologen die Hochgebirgsflora. Die 2003er Daten wurden im Rahmen eines vom Geobotaniker Dr. Gian-Reto Walther (damals Universität Hannover) organisierten und geführten Feldpraktikums von Studenten erhoben. Im Hintergrund sind weitere Gipfel der Bernina-Gruppe an der schweizerisch-italienischen Grenze zu sehen. Foto: Silje Berger/Universität Hannover
Wenige Meter unter dem Gipfel des 3262 Meter hohen Piz Languard untersuchen Biologen die Hochgebirgsflora. Die 2003er Daten wurden im Rahmen eines vom Geobotaniker Dr. Gian-Reto Walther (damals Universität Hannover) organisierten und geführten Feldpraktikums von Studenten erhoben. Im Hintergrund sind weitere Gipfel der Bernina-Gruppe an der schweizerisch-italienischen Grenze zu sehen. Foto: Silje Berger/Universität Hannover

Die Flora der Alpengipfel wird sich durch den Klimawandel immer mehr angleichen. Das schreiben Forscher der Universität Bayreuth und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung im internationalen Fachblatt "Journal of Vegetation Science".

Die Biologen hatten Daten über die Zusammensetzung und die Artenanzahl der Pflanzen auf den Gipfeln von sieben Dreitausendern der Bernina-Gruppe in der Schweiz über einen Zeitraum von fast einem Jahrhundert ausgewertet. Dabei stellten sie fest, dass klimabedingt eine Verschiebung der Flora nach oben stattfindet. Diese sorgt dafür, dass die Anzahl der Arten auf den untersuchten Berggipfeln zunimmt, aber gleichzeitig sich die Gipfel in der Zusammensetzung der Pflanzenarten immer mehr gleichen. Das bedeutet, dass die Artenvielfalt auf einzelnen Flächen (so genannte Alpha-Diversität) zwar zunimmt, aber in der Summe der Lebensräume (so genannte Beta-Diversität) abnimmt.

Allgemein betrachtet kann die Biodiversität aus zwei Gründen zurückgehen: durch das Verschwinden von Arten oder dadurch, dass spezialisierte Arten durch Generallisten ersetzt werden. Die daraus resultierende Homogenisierung kann zu einer Reduzierung der räumlichen Biodiversität führen. Bisher wurde die Frage der Homogenisierung jedoch vor allem im Zusammenhang mit den Auswirkungen von invasiven Arten und weniger im Kontext des Klimawandels diskutiert. Die Auswertung der Daten aus der Bernina-Gruppe wirft nun auf diese Debatte ein neues Licht. Die beiden Forscher hatten für ihre Arbeit Daten ihres Kollegen Gian-Reto Walther analysiert, der 2003 die obersten zehn Meter dieser Gipfel genau untersucht und alle Pflanzen notiert hatte, um diese Aufnahmen mit Erhebungen aus den Jahren 1907 und 1985 zu vergleichen. Die Anzahl der Pflanzenarten stieg im Durchschnitt von 10 auf 28 Arten pro Gipfel an. Offenbar hatte die Erwärmung für ein regelrechtes "Gipfeltreffen" gesorgt. Immer mehr Arten müssen sich die Gipfel teilen. Bei der letzten Zählung 2003 konnten jedoch noch keine Arten beobachtet werden, die seit 1907 verschwunden wären. Die Unterschiede zwischen den Gipfeln nahmen im gleichen Zeitraum dagegen signifikant ab. Heute sind die Gipfel der Minorgruppe nicht nur untereinander ähnlicher, sie ähneln auch der benachbarten Languardgruppe stärker als früher, obwohl sie innerhalb der Berniner Alpen durch das Faintal voneinander getrennt sind. "Das ist ein deutliches Zeichen für eine beginnende Angleichung", meint der Biogeograph Gerald Jurasinski von der Universität Bayreuth. "Wir vermuten, dass die Zugänglichkeit und Popularität dieser Gipfel bei Bergsteigern dabei eine Rolle spielt - schließlich verbreiten Menschen den Samen auch durch ihre Kleidung und ihre Schuhe. Nur leider gibt es dafür bisher keinerlei Daten" konstatiert Jürgen Kreyling vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Mit ihrer Arbeit wollen die beiden Forscher darauf aufmerksam machen, dass Biodiversität mehr als nur Artenvielfalt ist. Auch die Zusammensetzung des Artenspektrums, die Beta-Diversität und die funktionale Vielfalt spielt eine wichtige Rolle für funktionierende Ökosysteme. An der Universität Bayreuth wird zu diesem Thema in Kooperation mit dem UFZ intensiv geforscht, was sich auch in der Lehre niederschlägt, z.B. im Rahmen des Bayrischen Elite-Programms aufgelegten Master-Studienganges "Global Change Ecology".

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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