Weltweit führendes Tierversuchslabor in Großbritannien schließt die Pforten
Archivmeldung vom 19.06.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAus Großbritannien kommt ein wichtiges Signal für eine zukunftsweisende Forschung: Das Tierversuchslabor des berühmten Sanger-Instituts wird geschlossen. Offizieller Grund: Verstärkte Fokussierung auf moderne, tierversuchsfreie Forschungssysteme. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche begrüßt diese Strategie außerordentlich und fordert Tierversuchslabore hierzulande auf, die Zeichen der Zeit ebenfalls zu nutzen.
Das Wellcome Sanger Institute in Hinxton, Großbritannien, ist eins der weltweit führenden Zentren für Genomforschung. Die gemeinnützige Einrichtung wird vom Wellcome Trust getragen, der weltweit zweitreichsten Stiftung, die medizinische Forschung fördert. Das Institut in der Nähe von Cambridge beschäftigt 900 Menschen, davon 70 im Tierversuchslabor. Dieses beliefert seit 13 Jahren Tausende Forscher in der ganzen Welt mit verschiedenen Tieren, darunter Frösche, Fische, Ratten und Mäuse – viele davon gentechnisch verändert. Nach einer eingehenden Überprüfung der Strategie des Instituts wurde beschlossen, dass die Tierversuchsanstalt, die 2006 für 30 Mio. Pfund (knapp 34 Mio. Euro) gebaut wurde, bis spätestens 2022 geschlossen wird. Wie das renommierte Wissenschaftsblatt nature berichtet, sei der Grund für die Entscheidung die rasante globale Etablierung humanbasierter Forschungsmodelle wie 3-dimensionale Zellkultursysteme und Organoide. Man wolle vermehrt auf diese Forschungssysteme setzen, da sie zukunftweisend seien. So beteiligt sich das Sanger-Institut an dem internationalen Human Cell Atlas-Projekt, in dem alle Zelltypen des menschlichen Körpers im Detail charakterisiert werden.
„Diese Entscheidung ist ein großartiges Signal und ein riesiger Erfolg für die humanbasierte, tierversuchsfreie Forschung, die unbedingt weiter ausgebaut und gefördert werden muss“, so Dr. Tamara Zietek, Wissenschaftlerin bei Ärzte gegen Tierversuche. Dr. Zietek hat selbst jahrelang an 3-dimensionalen Darmorganoiden an der TU München geforscht und die beeindruckende Entwicklung dieser Systeme innerhalb der letzten 10 Jahre miterlebt. „Tierversuchs-Einrichtungen müssen geschlossen werden, damit Fördergelder – seien sie staatlich oder wie in diesem Fall aus einer Stiftung – in den Bau neuer Zentren fließen können, die sich der leistungsstarken humanbasierten In-vitro-Forschung widmen.“ Vorbildlich ist hierzulande Berlin, wo aktuell der neue Forschungscampus „Der simulierte Mensch“ gebaut wird. „Heutzutage für zweistellige Millionenbeträge neue Tierversuchslabore zu errichten, wie beispielsweise in Hamburg geplant, ist wirtschaftlich und wissenschaftsstrategisch unklug und absolut nicht zukunftsorientiert“, beklagt Dr. Zietek.
Datenbasis:
Else H.: Genomics institute to close world-leading animal facility. Nature News 29.5.2019; 569: 612
Rozenblatt-Rosen O et al.: The Human Cell Atlas: from vision to reality. Nature News 26.10.2017; 550(7677): 451
Quelle: Ärzte gegen Tierversuche e.V.