Führende Wissenschaftler halten Gorleben für nicht geeignet als Endlager
Archivmeldung vom 27.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFührende Wissenschaftler deutscher Universitäten haben eindeutig klargestellt, dass der Salzstock in Gorleben als Endlager für hochradioaktive Abfälle aus Kernkraftwerken nicht geeignet ist. Sie sehen langfristig die Gefahr unkalkulierbarer Katastrophen, sollte es Union und Atomwirtschaft gelingen, Gorleben als atomares Endlager durchzusetzen.
Der Leiter des Instituts für Geowissenschaften der Universität Jena und ehemalige Präsident der deutschen Geophysikalischen Gesellschaft, Prof. Gerhard Jentzsch, sagt dem ARD-Magazin "Panorama" (Sendung: Donnerstag, 27. August, 21.45 Uhr, Das Erste), es spreche sehr viel mehr gegen Gorleben als dafür. "Es ist bekannt, dass aufgrund von eiszeitlichen Aktivitäten das Deckgebirge beschädigt ist. Das heißt, die Abdichtung nach oben ist nicht komplett, ist nicht ausreichend." Außerdem sei der Salzstock zwar sehr lang in der einen Richtung, aber auch sehr schmal, so "dass die Abdichtung an den Seiten sehr viel weniger ist als gemeinhin vorgegeben. "Werde hochradioaktiver Atommüll, der eigentlich eine Million Jahre sicher abgeschlossen sein soll, in Gorleben eingelagert, könne von außen Wasser einfließen. Dann könne Radioaktivität in die Sphäre menschlichen Lebens austreten. Jentzsch äußerte die Erwartung, dass Gorleben bei einem streng wissenschaftlichen Auswahlverfahren als Endlager für Atommüll ausscheiden werde. In die gleiche Richtung zielt der Hamburger Geographieprofessor Eckhard Grimmel. Salz sei aus "physikalisch-chemischer Sicht ein völlig untaugliches Endlagermedium". Wie Jentzsch verweist auch Grimmel in "Panorama" darauf, "dass über dem Salzstock keine geschlossene Tonschicht vorhanden ist, die den Salzstock vom Wasser abtrennen würde". So könne das Grundwasser direkt am Salzkörper entlangströmen, jedes Jahr tausende Kubikmeter Salz auflösen und außerdem von oben in den Salzstock eindringen. Grimmel hatte vor Jahren mit einer anderen Expertise dazu beigetragen, das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich per Gerichtsbeschluss auf Dauer stillzulegen - wegen mangelnder Erdbebensicherheit. Er sagt nun voraus, es gebe gute Chancen, auch ein atomares Endlager Gorleben durch einen Richterspruch zu verhindern. Der Kieler Geologe Prof. Klaus Duphorn, der schon vor Jahrzehnten als einer der ersten Wissenschaftler in einem Gutachten die Eignung von Gorleben als Endlager in Zweifel gezogen hatte, offenbart jetzt, schon damals sei Druck auf ihn ausgeübt worden mit dem Ziel, seine Meinung zu revidieren. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, die dem Bundesforschungsministerium unterstand, habe ihn Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre bedrängt, sein negatives Votum gegen Gorleben abzuändern. Das habe er abgelehnt. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, appellierte an die Union, den Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie nicht wieder in Frage zu stellen. König, dessen Behörde für die Lagerung von Atommüll zuständig ist, wandte sich gegen die Forderung führender Politiker von CDU und CSU, die Laufzeit der Kernkraftwerke zu verlängern. Damit werde ein mühsam gefundener gesellschaftlicher Konsens aufgekündigt. "Ich sehe die große Gefahr, dass wir mit der Diskussion über die Öffnung der Laufzeiten die Lösung des Endlagerproblems wieder in weite Ferne verschieben", sagte König zu Panorama.
Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk