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Besseres Recht für mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft

Archivmeldung vom 06.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Deutschland braucht kein eigenes Agrarumweltgesetz, aber eine bessere Abstimmung des Umwelt-, Agrar-
Quelle: Foto: André Künzelmann/UFZ (idw)
Deutschland braucht kein eigenes Agrarumweltgesetz, aber eine bessere Abstimmung des Umwelt-, Agrar- Quelle: Foto: André Künzelmann/UFZ (idw)

Deutschland braucht kein eigenes Agrarumweltgesetz, aber eine bessere Abstimmung des Umwelt-, Agrar- und Förderrechts, um die Umwelt vor negativen Auswirkungen der Landwirtschaft wirksamer zu schützen. Entscheidend ist, dass die bestehenden Instrumente und Regelungen effektiverer und vollzugstauglicher gestaltet werden, so das Fazit einer Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Zusammenarbeit mit der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M., die im Auftrag des Umweltbundesamtes entstanden ist.

Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie die nationale Gesetzgebung verbessert werden könnte, um die gesellschaftlichen Umweltziele zu erreichen. Dazu untersuchten die Wissenschaftler in den letzten zwei Jahren, wie sich die Entwicklung zu einer nachhaltigen, umwelt- und klimagerechten Landwirtschaft stärker als bisher durch das Umwelt- und Agrarrecht steuern lässt. Auf dem Prüfstand standen dabei unter anderem das Ordnungs- und Planungsrecht, wobei auch der Vollzug sowie die Umweltanforderungen des Beihilferechts und das Instrument der Beratung tiefer analysiert wurden.

Trend zur Intensivierung hält an

Um die ökologisch relevanten Trends aufzeigen zu können, wertete das Frankfurter Institut für ländliche Strukturforschung (IfLS) die Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland seit 1950 anhand statistischer Daten aus. Eine zunehmende Spezialisierung und Steigerung der Produktion sind dabei die wesentlichen Trends. Trotz der Intensivierung sind der Anteil der Landwirtschaft an der Bruttowertschöpfung unter 1 Prozent und der Anteil an den Beschäftigten auf 1,6 Prozent gesunken. Knapp 300.000 Betriebe gibt es noch, die zusammen 16,7 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften, also rund die Hälfte der Gesamtfläche Deutschlands.

Umweltziele nicht erreicht

Aufgrund der großen Fläche spielt die Landwirtschaft eine starke Rolle, wenn es darum geht, Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, Wasserressourcen zu schützen, Treibhausgase und andere Emissionen zu reduzieren sowie Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Während im Gewässerschutzrecht und im Luftreinhalterecht die europäischen und nationalen Umweltqualitätsziele relativ hoch gesteckt sind, fehlt es dagegen im Natur- und Bodenschutzrecht an ausreichend konkreten Zielen, konstatieren die Autoren der Studie. „Keines der Umweltziele ist gegenwärtig in Deutschland vollständig bzw. flächendeckend erreicht. Amtliche Statistiken und ausgewertete Studien zeigen dabei, dass gerade im Bereich der Landwirtschaft die größten Defizite bestehen“, fasst der Umweltjurist Dr. Stefan Möckel vom UFZ zusammen. Als Grund dafür sehen die Wissenschaftler, dass es vor allem bei der Durchsetzung der gesetzlichen Ziele Probleme gibt, da die Landwirtschaft oft – im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen – in den Genuss von Sonderregelungen und Ausnahmen kommt. Dazu kommen die Schwierigkeiten bei der Kontrolle aufgrund fehlender Informationen, unzureichender Handlungsbefugnisse oder lähmender Rechtsunsicherheiten, mit denen die Behörden zu kämpfen haben. So konnten beispielsweise die vielen Schutzvorschriften den Umbruch von Dauergrünland zu Acker nicht stoppen oder die Belastung von Gewässern durch Nährstoffe, Pestizide und Tierarzneimittel von den umliegenden Feldern nicht reduzieren. Der Einsatz von Pestiziden hat sogar nicht ab, sondern weiter zugenommen.

Kein eigenes Agrarumweltrecht nötig

Für mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft bedarf es keiner neuen Gesetze. Es genügen eine bessere Abstimmung des bestehenden Umwelt-, Agrar- und Beihilferechts, konkretere Anforderungen im Einzelnen sowie ausreichende Vollzugsinstrumente für die Behörden. „Ein eigenständiges Agrarumweltrecht empfiehlt sich nicht, da die Nachteile eines zu erlassenden Agrarumweltgesetzes deutlich größer als dessen Vorteile erscheinen“, sagt Prof. Wolfgang Köck vom UFZ. Vielmehr kommt es auf die Regelungsdetails an. Die Wissenschaftler erwarten dabei, dass mittelfristig dem Ordnungs- und Planungsrecht in Zeiten hoher Staatsschulden und steigender Agrarpreise eine entscheidende Bedeutung zukommen wird. Denn das Ordnungsrecht ist besonders gut geeignet, um ohne die Milliarden Euro an Agrarsubventionen flächendeckend allgemeinverbindliche Mindestanforderungen aufzustellen und die Verursacher an den Umweltkosten zu beteiligen. Planungsrechtliche Instrumente erlauben dabei eine räumliche Steuerung und Vollzugsinstrumente die Konkretisierung im Einzelfall. Diese Kombination besteht für landwirtschaftliche Anlagen (z.B. Tierhaltungs- oder Biogasanlagen) schon weitgehend. Bei der landwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung hat die Agrarpolitik hingegen seit Jahren bisher vor allem auf lenkende Beihilfen gesetzt.

Verbesserungspotenziale nutzen

Um das Agrar- und Umweltrecht für die ökologischen Herausforderungen fit zu machen, sind v.a. die unbestimmten Rechtsbegriffe und allgemeinen Grundsätze der guten fachlichen Praxis mit ökologisch anspruchsvollen quantitativen oder qualitativen Anforderungen zu untersetzen und diese dynamisch entsprechend dem aktuellen Stand der Technik fortzuschreiben. Hierbei bieten die wachsenden Fähigkeiten der Präzisionslandwirtschaft wie zum Beispiel der Einsatz von GPS neue Steuerungsmöglichkeiten.

Eine größere Baustelle stellt das Planungsrecht dar, da gegenwärtig kein verbindliches Planungsinstrument existiert, mit dem sich Art und Umfang der landwirtschaftlichen Bodennutzungen standortbezogen steuern lassen. „In Anbetracht der Flächenintensität der Landwirtschaft, die in ländlichen Regionen schnell mehr als 80 Prozent der Gemeindefläche betrifft, und der Heterogenität der Standorte ist diese Landnutzung eigentlich prädestiniert für eine planerische Feinsteuerung“, betont Dr. Stefan Möckel. Die Forscher empfehlen daher in ihrer Studie, den interessierten Kommunen durch eine Erweiterung der Landschaftsplanung bzw. Bauleitplanung zumindest die rechtliche Möglichkeit einzuräumen, damit die Bürger nicht nur ihr bauliches sondern auch landschaftliches Umfeld mit gestalten können.

Vollzugsinstrumente nicht vernachlässigen

Oft unterschätzt werden in der politischen Diskussion um die Agrarpolitik die rechtlichen Vollzugsinstrumente – wie Kontroll- und Anordnungsbefugnisse, Anzeige- und Dokumentationspflichten, Genehmigungserfordernisse oder Ordnungswidrigkeits- und Straftatbestände. „Ohne sie sind den Behörden in einem Rechtsstaat die Hände gebunden“, sagt Prof. Wolfgang Köck. Dies gilt für die behördliche Informationsbeschaffung wie für das Einschreiten bei drohenden oder festgestellten Verstößen gleichermaßen – unabhängig davon, ob das Ordnungs- und Planungsrecht oder das Beihilferecht die ökologischen Anforderungen stellt. Denn nur mit ihnen lassen sich die gesetzlichen Anforderungen im Einzelfall durchsetzen. In der Studie wird daher für eine systematische Ergänzung fehlender Vollzugsinstrumente im Agrarbereich plädiert.

Fazit

Ein Instrument allein kann die Umweltprobleme der Landwirtschaft nicht lösen. „Vielmehr bedarf es eines abgestimmten Instrumentenverbundes aus Ordnungs- und Planungsrecht, Beihilfen, Abgaben/Steuern, Zertifizierungssystemen, Beratung und Weiterbildung. Die verschiedenen Instrumente sollten so kombiniert werden, dass ihre Vorteile genutzt und ihre Nachteile ausgeglichen werden, um eine möglichst effektive Umweltpolitik zu erreichen und die Landwirtschaft an den Umweltkosten zu beteiligen, die sie hervorruft“, unterstreicht Dr. Stefan Möckel vom UFZ. Aus seiner Sicht bietet insbesondere die Kombination aus ordnungsrechtlichen Mindestanforderungen, standortbezogenen Anforderungen in Plänen sowie einzelfallbezogenen Vollzugsinstrumenten bedeutende Potentiale, um den ökologischen Herausforderungen gerecht zu werden.

Insgesamt macht die Studie 22 konkrete Vorschläge, wie der Gesetzgeber die Situation verbessern könnte. Sinnvoll wären zum Beispiel einheitliche Standards für alle Dünge- und Pflanzenschutzmittel, eine Vereinheitlichung des Schutzes von Dauergrünland, der Abbau von Begünstigungen im Wasserrecht oder die Anhebung der Anforderungen zum Schutz der Atmosphäre.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ (idw)

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