Keine Prionenerkrankungen bei Rehen und Hirschen
Archivmeldung vom 20.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTSE-Studie an mehr als 7.000 Rehen und Hirschen ("Cerviden") abgeschlossen. Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung untersuchen als nächstes Mufflons in Deutschland auf Scrapie.
Deutschlands Reh- und Hirschbestände sind frei von TSE. Dieses Kürzel steht für
Transmissible Spongiforme Enzephalopathien und fasst eine Reihe von Krankheiten
zusammen, die von Prionen verursacht werden. Nach mehr als 7.300 negativen Tests
an Reh-, Rot- und Damwild ist es nahezu sicher, dass die Bestände TSE-frei sind.
Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung
(IZW) hatten im europaweit größten Wildtier-Screening Proben von Tieren aus fast
allen Landkreisen Deutschlands auf TSE hin untersucht.
Zu den
transmissiblen spongiformen Enzephalopathien zählen, als bekannteste, die
Rinderseuche BSE sowie Scrapie, die Schafe befällt, und die Chronic Wasting
Disease (CWD), die bei Hirschen aus Nordamerika festgestellt wurde. Im Gefolge
der BSE-Krise waren vor allem in Großbritannien zahlreiche Fälle der
Creutzfeld-Jacob-Erkrankung bei Menschen aufgetreten.
Nach dem Abschluss
der TSE-Studie an Rehen und Hirschen ("Cerviden") beginnt nun ein neues Projekt,
bei dem deutsche Mufflons auf den Scrapie-Erreger hin getestet werden sollen.
Anders als bei CWD, das bislang nirgends in Europa nachgewiesen wurde, gibt es
bereits Scrapie-Fälle bei Mufflons. "In Großbritannien wurden sechs Fälle in
zwei getrennten Herden dokumentiert", berichtet Dr. Kai Frölich vom IZW, der die
TSE-Studien leitet. Dies ist ein Grund für die Testreihe, die im September in
Deutschland starten wird. Ein weiterer Grund: Die Bundesrepublik ist das Land
mit der zweitgrößten Mufflon-Population weltweit. Rund 18.000 Tiere leben hier
in freier Wildbahn. 6.000 der Wildschafe werden jährlich geschossen und liefern
so rund 125.000 Kilogramm Fleisch zum Verzehr. Ein dritter Grund ist die
Tatsache, dass Mufflons zu den Wildschafen zählen und dass somit der
Scrapie-Erreger keine Artgrenze zu überwinden hat.
"Wie schon bei den
Untersuchungen an den Cerviden steht bei der Mufflon-Studie der Vorsorgegedanke
im Vordergrund", erläutert Frölich. Das Bundesministerium für Bildung und
Forschung hatte die Cerviden-Studie gefördert, jetzt hat das Bundesminsterium
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mehr als 300.000 Euro für
die Testreihe an den Wildschafen zugesagt.
Das IZW wird mit Jägern und
Forstämtern zusammenarbeiten, um an das Probenmaterial zu kommen. "Die
Überzeugungsarbeit bei den Kooperationspartnern war sehr wichtig für die
abgeschlossene Studie", sagt Frölich. "Jetzt können wir auf einer bestehenden
Vertrauensbasis und auf einem Netzwerk von Kontakten weiterarbeiten." Die
Forscher sind vor allem an Schädeln interessiert, um das Gehirn auf
Scrapie-Erreger hin untersuchen zu können. Sie wollen Tiere aus ganz Deutschland
untersuchen, haben aber auch rund 20 Risikogebiete in zehn Bundesländern
identifiziert. Dort wollen sie die Bestände besonders intensiv
prüfen.
Nach welchen Kriterien legten die IZW-Wissenschaftler
Risikogebiete fest? "Zum einen schauen wir dort, wo besonders viele Mufflons
leben", erläutert Frölich, "zum anderen haben wir Regionen im Visier, wo Scrapie
bei Schafen vorgekommen ist." Frölich weiß von immerhin rund 140 Scrapie-Fällen
in Deutschland zu berichten, die seit 1985 gemeldet
wurden.
Quellenhinweis: Elvira Schettler et al.: Surveillance for Prion
Disease in Cervids, Germany. In: Emerging Infectious Diseases, Vol. 12, No. 2,
S. 319 - 322 (Februar 2006).
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.