Zu mildes Urteil im "Elfenbein-Prozess" von Cottbus
Archivmeldung vom 12.11.2020
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Freigeschaltet durch André OttIn Cottbus ist heute ein Angeklagter, der für den Handel mit 1,2 Tonnen Elfenbein festgenommen wurde, mit einer Strafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung davongekommen. Die NABU International Naturschutzstiftung und Future for Elephants e.V. kritisieren das Urteil scharf.
"Jährlich sterben 20.000 Elefanten vor allem durch Wilderei, die durch die Nachfrage nach Elfenbein weiter angeheizt wird", so Barbara Maas, Leiterin für Internationalen Artenschutz der NABU International Naturschutzstiftung. "Das milde Urteil ist ein Armutszeugnis und eine vertane Chance, über die Grenzen von Deutschland hinaus ein deutliches Zeichen gegen Wildtierkriminalität zu setzen."
Bei dem Prozess ging es um den größten Fund von geschmuggeltem Elfenbein, den es je in Deutschland gab. Der Angeklagte soll 2016 eine Frau mit der Ausfuhr von etwa 600 Kilogramm Elfenbein von Deutschland nach Vietnam beauftragt haben, wo er beabsichtigte, das Elfenbein zu verarbeiten und zu verkaufen. Weitere 570 Kilogramm Elfenbein sowie Maschinen zur Verarbeitung wurden in von ihm angemieteten Räumlichkeiten sichergestellt. Straftaten, für die das Gesetz einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Gefängnis vorsieht.
"Dass die Hauptverhandlung in einem so brisanten Fall vier Jahre auf sich warten ließ und das Gericht die rechtlichen Möglichkeiten einer scharfen Ahndung der Taten nicht voll ausgeschöpft hat, sendet ein völlig falsches Signal bei den Bemühungen um internationalen Artenschutz", so Heike Henderson, Vorstandsmitglied von Future for Elephants e.V.. Insgesamt handelt es sich um 720 beschlagnahmte Stücke, darunter 30 Stoßzähne. Das Elfenbein hat einen Marktwert von über einer Million Euro und stammt von mindestens 100 Elefanten. "Bei derart schweren Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz und gewerbsmäßigem Handeln mit Elfenbein fordern wir, dass der gesetzlich gegebene Strafrahmen voll ausgeschöpft wird, damit eine Straftat dieses Ausmaßes nicht ohne Folgen bleibt."
Der Beschuldigte, der seine Taten vor Gericht eingeräumt hatte, hatte angegeben, die Ware ohne Papiere für 6.000 Euro auf Flohmärkten erworben zu haben, wo der Handel mit sogenanntem "antiken Elfenbein" (vor 1947) sowie mit vor 1989 eingeführtem und zertifiziertem Elfenbein immer noch legal ist. Danach wollte er sie illegal nach Vietnam schaffen, um sich dort ein neues Leben aufzubauen. "Viele Länder in Afrika unternehmen große Bemühungen, um Wilderei und Elfenbeinhandel zu beenden. In Kenia etwa wird der illegale Wildtierhandel mit hohen Gefängnis- und Geldstrafen bis 150.000 Euro geahndet", ergänzte Maas. "Nach China, den USA und England sollten auch Deutschland und die EU eine Vorreiterrolle übernehmen und den lokalen Handel, der Schlupflöcher für illegale Ware offen hält, konsequent verbieten." Woher das höchstwahrscheinlich vor 1989 eingeführte Elfenbein stammt, ist vor allem aufgrund der großen Menge immer noch unklar.
Die Wilderei ist die größte Bedrohung für den Afrikanischen Elefanten, der heute aus großen Teilen seines einstigen Verbreitungsgebietes verschwunden ist. Seit 1980 wurde der Bestand Afrikanischer Elefanten von circa 1.3 Millionen auf rund 350.000 verbliebene Tiere reduziert. Neben der Wilderei sind Elefanten vor allem durch Lebensraumverlust und -zerschneidung bedroht.
Quelle: NABU (ots)