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Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Zulässigkeit des betäubungslosen Schächtens

Archivmeldung vom 20.11.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Am Donnerstag, dem 23. November, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit des betäubungslosen Schächtens. Geklagt hat ein muslimischer Schlachter, nachdem die zuständige Behörde ihm die nach dem Tierschutzgesetz notwendige Ausnahmegenehmigung für die betäubungslose Schächtung von Rindern und Schafen verweigert hatte.

Grundsätzlich darf ein warmblütiges Tier gem. § 4 a Tierschutzgesetz nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzuges betäubt worden ist. Eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) kann nach § 4a Abs. 2 Tierschutzgesetz jedoch erteilt werden, wenn zwingende religiöse Gründe ein betäubungsloses Schächten vorschreiben.

Diese Ausnahmeregelung ist Ausfluss der in der Verfassung niedergelegten Religionsfreiheit. Nunmehr ist von dem obersten Verwaltungsgericht zu entscheiden, inwieweit sich die Aufnahme des Staatsziels Tierschutz in die Verfassung auf die Bewertung auswirkt. Dafür müssen die prinzipiell gleichrangigen Verfassungsgüter Religionsfreiheit und Tierschutz gegeneinander abgewogen werden. Sie müssen grundsätzlich in der Konfliktlage so gegeneinander abgewogen werden, dass keines der kollidierenden Güter mehr als nach den Umständen unvermeidlich beeinträchtigt wird und jedes von ihnen zu möglichst optimaler Entfaltung gelangt. "Im konkreten Fall kann dies nur bedeuten, dass rituelle Schlachtungen nur noch nach vorheriger Elektro-Kurzzeit-Betäubung zulässig sind", so Sandra Gulla, Juristin und Vorsitzende von PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung.

Diese Rechtsauffassung bestätigen schon seit langem auch islamische Religionswissenschaftler, zum Beispiel die türkische Anstalt für religiöse Angelegenheiten (Diyanet Isleri Baskanligi) in Ankara und die Al-Azhar-Universität in Kairo.

Auch die große Mehrheit (72%) der Wahlberechtigten in Deutschland spricht sich dafür aus, das betäubungslose Schächten zu untersagen. In einer von der Stiftung Albert Schweitzer für unsere Mitwelt in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage begrüßen zudem 86% der Befragten die Aufwertung des Tierschutzes zu einem Staatsziel. "Diese Ergebnisse belegen, dass die Deutschen den Tierschutz auch im Rechtssystem aufgewertet wissen und ihm einen gleichberechtigten Platz neben anderen Grundrechten wie der Religionsfreiheit eingeräumt sehen wollen", so die PROVIEH-Vorsitzende.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat über die Frage der Zulässigkeit des betäubungslosen Schächtens hinausgehend Signalwirkung für den Tierschutz. Denn es ist das erste höchstrichterliche Urteil seit Aufnahme des Staatsziels Tierschutz in die Verfassung. "Hier kommt es zum Schwur, ob diese Verfassungsänderung auch eine Veränderung der Rechtsprechung ausgelöst hat oder ob sie von der Rechtsprechung als hohle Phrase gewertet wird", so die Juristin Sandra Gulla.

Am 23. November wird PROVIEH - VgtM vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ab 9.30 Uhr vertreten sein, um der Presse und interessierten Besuchern seine Positionen darzulegen.

Quelle: Pressemitteilung PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

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