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Krise für Kanadas bekannteste Rentierherde

Archivmeldung vom 03.12.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.12.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Eine Karibu-Herde auf Wanderschaft. Die Zahl der Tiere nimmt immer mehr ab. Bild Subhankar Banjerjee/Survival
Eine Karibu-Herde auf Wanderschaft. Die Zahl der Tiere nimmt immer mehr ab. Bild Subhankar Banjerjee/Survival

Eine der einst größten Rentierherden der Erde ist auf einen kleinen Teil ihrer früheren Stärke geschrumpft, wie offizielle Bestandsaufnahmen ergeben haben. Die kanadische George River-Herde, die einst 800.000 bis 900.000 Rentiere zählte, ist einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung der Regierung zufolge auf nur noch 27.600 Tiere zurückgegangen.

Dieser beispiellose, dramatische Rückgang schürt bei den in der Region lebenden indigenen Innu Ängste um das Überleben der Herde.

Für das Schrumpfen der Herde wird ein ganzer „Tsunami von Gründen“ verantwortlich gemacht. Minister der Regierung in Ottawa bezeichnen die Entwicklung als „schwerwiegend und beängstigend“.

Das Rentier, das in Nordamerika als Karibu bekannt ist, spielt für das Leben und die Kultur vieler indigener Völker, die in subarktischen Regionen leben, eine entscheidende Rolle. Der Rückgang der Population um 63 Prozent innerhalb der beiden vergangenen Jahre bedeutet daher für viele Indigene einen Schock.

Gegenüber Survival erklärte George Rich, ein Ältester der im Nordosten Kanadas lebenden Innu, dass “einer der wichtigsten Gründe [für das Schrumpfen der Rentierherden] der anhaltende Bergbau und die Erkundung neuer Erzvorkommen ist”.

„So hat beispielsweise das Unternehmen Quest Minerals vor kurzem angekündigt, dass es eine Straße mitten durch das Gebiet bauen wolle, in dem die Rentiere kalben. Außerdem fliegen Hubschrauber und Flugzeuge die Erkundungsstätten an und wieder zurück“, sagte Rich.

Die Förderung von Industrieprojekten auf Rentier-Land durch die kanadische Regierung hat zur Zerstörung großer Teile der Weidegründe der Tiere geführt. Die Wanderrouten der Rentiere wurden massiv gestört.

Einige Biologen machen für den Rückgang der Rentierherde die Indigenen selbst und ihre Jagdaktivitäten verantwortlich. Die Innu allerdings, deren Vorfahren über Tausende von Jahren friedlich mit den Karibus zusammen lebten, weisen den Vorwurf entschieden zurück.

George Rich erkennt ein immer gleiches Muster: „Die Regierung macht stets die Indigenen verantwortlich, aber wir stehen in einer tiefen Verbindung mit den Karibus und haben über Generationen mit ihnen zusammen gelebt.“

Viele Innu fordern eine stärkere Kontrolle über ihre Territorien und die dortigen Ressourcen. Sie wollen gleichberechtigt behandelt werden, wenn es um Entscheidungen geht, die ihr Land und die auf diesem lebenden Tiere betreffen.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, erklärte heute: „Es ist immer einfach, indigenen Völkern den Vorwurf des übermäßigen Jagens zu machen, da ihnen üblicherweise eine Stimme fehlt, um sich gegen diese Anschuldigungen zur Wehr zu setzen. Zahllose Studien haben jedoch belegt, dass indigene Völker die besten Naturschützer der Welt sind. Wann werden Regierungen und Wissenschaftler das endlich begreifen? Wir müssen damit beginnen, dem zuzuhören, was indigene Völker über Angelegenheiten, die ihr eigenes Land betreffen, zu sagen haben. Sie wissen es schließlich am besten.“

Quelle: Survial Deutschland

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