Die Schimpansen-Steinzeit
Archivmeldung vom 16.02.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWissenschaftler fanden nun erstmalig Beweise, dass westafrikanische Schimpansen bereits seit Tausenden von Jahren Nüsse mit Steinwerkzeugen knacken, also schon bevor die Landwirtschaft sich entwickelte. Das Ergebnis legt nahe, dass Schimpansen dieses Verhalten entweder selbst entwickelt oder es sogar vom gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Schimpanse übernommen haben.
Ein internationales Forscherteam um Julio Mercader von der kanadischen University of Calgary und Christophe Boesch vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie fanden die Steine in Noulo an der westafrikanischen Elfenbeinküste, der bisher einzig bekannten prähistorischen Ausgrabungsstätte einer Schimpansenwerkstatt. Die ausgegrabenen Steine zeigten für den Gebrauch als Werkzeug zum Zerschlagen von Nüssen typische Abnutzungserscheinungen. Ein Vergleich mit alten von Menschenhand gefertigten Steinwerkzeugen und denen, die von heute lebenden Schimpansen verwendet werden, bestätigte die Vermutung. Die Forscher fanden auf den Steinen außerdem verschiedene Arten von Stärkekörnern, die teilweise als Überreste einheimischer Nüsse identifiziert werden konnten. Die Werkzeuge sind 4 300 Jahre alt, was nach menschlichem Maßstab der Epoche des "Later Stone Age" entspricht. (PNAS, Februar 2007).
Vor Erscheinen dieser Studie hatte man Schimpansen im 19.
Jahrhundert erstmalig beim Benutzen von Steinwerkzeugen beobachtet. Dank dieses
neuen archäologischen Fundes weiß man jetzt, dass Schimpansen bereits seit
mehreren tausend Jahren Steinwerkzeuge verwenden. Die Autoren vermuten, dass
diese Art des Werkzeuggebrauchs ihren Ursprung beim gemeinsamen Vorfahren von
Mensch und Schimpanse hat, anstatt unabhängig voneinander sowohl bei den
Homininen als auch den Schimpansen oder durch eine Imitation des Menschen durch
die Schimpansen entstanden zu sein.
Diese Studie bestätigt, dass die
Vorfahren von Schimpansen und Menschen mehrere tausend Jahre lang verschiedene
kulturelle Merkmale teilten, die man bisher ausschließlich dem Menschen
zugestanden hatte. Dazu gehören der Transport von Rohmaterialien von einem Ort
zum anderen, die Auswahl und Beschaffung von Rohmaterialien und deren gezielte
Verwendung für eine bestimmte Arbeit, die gewohnheitsmäßige Wiederbesiedlung von
Orten, wo sich dann Reststoffe und Schutt anhäufen, und die Verwendung vor Ort
vorhandener Ressourcen. Das Nussknackverhalten wird bei Schimpansen auf sozialer
Ebene weitergegeben, und die neuen Entdeckungen, die in dieser Studie
präsentiert werden, zeigen, dass es tatsächlich über mehrere
Schimpansengenerationen hinweg weitergegeben worden ist. Die Vorgeschichte der
Schimpansen hat also tiefe Wurzeln.
Das Studium unserer nächsten lebenden Verwandten, der Schimpansen, verrät immer wieder neue Aspekte der menschlichen Evolution, und ein besserer Schutz dieser vom Aussterben bedrohten Art wird uns garantieren, neue Facetten unserer Vergangenheit zu entdecken. Bedeutende Funde kommen aus allen Teilen des afrikanischen Kontinents, den Regenwald eingeschlossen, und nicht ausschließlich aus der klassischen ostafrikanischen Heimat.
Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie