Affen unverzichtbar für Regeneration von Tropenwäldern
Archivmeldung vom 25.11.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtPrimaten haben einen entscheidenden Einfluss auf die Ausbreitung und die räumlich-genetischen Verwandtschaftsstrukturen der Pflanzen, die ihnen als Nahrungsquelle dienen. Dies ist das Ergebnis eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Kooperationsprojekts des Verhaltensökologen Eckhard W. Heymann vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) mit Birgit Ziegenhagen und Ronald Bialozyt von der Philipps-Universität Marburg. (Bialozyt et al., Trees, 2014).
An der DPZ-Feldstation Estación Biológica Quebrada Blanco im peruanischen Amazonastiefland haben die Wissenschaftler untersucht, wie sich die Fress-, Schlaf- und Streifgewohnheiten zweier Neuweltaffenarten auf die Ausbreitung des neotropischen Baums Parkia panurensis auswirken. Dazu beobachteten die Forscher eine Gruppe von Braunrückentamarinen (Saguinus nigrifrons) und Schnurbarttamarinen (Saguinus mystax), die gemeinsam durch ihr Streifgebiet ziehen und vorwiegend die gleichen Nahrungspflanzen, darunter die Parkia-Bäume, aufsuchen.
Die Hülsenfrüchte dieser Baumart enthalten dickflüssige Säfte sowie jeweils 16 bis 23 Samen. Die Affen ernähren sich vom zähflüssigen Inhalt der Hülsen und schlucken nebenbei auch die Parkia-Samen, die dann später an einem anderen Ort intakt mit dem Kot ausgeschieden werden.
Die Forscher beobachteten zunächst die Tamaringruppen auf ihren Streifzügen, registrierten ihre Nahrungsaufnahme sowie den Standort der besuchten Parkia-Bäume. Außerdem sammelten sie Kotproben der Tamarine mit den darin enthaltenen Samen. „Durch genetische Analysen der DNA, die in der von der Mutterpflanze gebildeten Samenschale enthalten ist, haben wir die einzelnen Samen den entsprechenden „Mutterbäumen“ exakt zugeordnet“, sagt Eckhard W. Heymann vom DPZ. „Dadurch konnten wir ermitteln, wie weit sich die Parkia-Samen mit Hilfe der Affen ausgebreitet haben.“
Um die Auswirkung der Samenausbreitung durch die Affen auf räumlich-genetischer Ebene zu analysieren, untersuchten die Wissenschaftler drei unterschiedliche Entwicklungsstadien der Bäume. Zusätzlich zu den Samen, die den pflanzlichen Embryo enthielten, sammelten sie Blätter von jungen und ausgewachsenen Parkia-Bäumen im Streifgebiet der Tamarine. „Durch die Analyse von Mikrosatelliten, also kurzen DNA-Sequenzen, die sich vielfach wiederholen, konnten wir genetische Ähnlichkeiten in Abhängigkeit von der räumlichen Entfernung der einzelnen Bäume voneinander identifizieren“, sagt Heymann.
Die so ermittelte räumlich-genetische Struktur der Parkia-Population zeigte eine signifikante genetische Verwandtschaft der untersuchten Pflanzenembryonen und der Jungbäume in einem Radius von 300 Metern, was mit der Entfernung, in der die meisten Samen durch die Tamarine ausgebreitet wurden, zusammen fällt. Bei den ausgewachsenen Bäumen konnte die Verwandtschaft nur noch im Umkreis von bis zu 100 Metern genetisch nachgewiesen werden.
„In tropischen Regenwäldern werden die Samen von 80 bis 90 Prozent der Bäume und Lianen durch Tiere ausgebreitet. Neben Primaten sorgen auch Vögel und Fledermäuse für diese Samenausbreitung“, so Verhaltensökologe Heymann. „Für die Pflanzen ist der Transport ihrer Samen enorm wichtig. Als ortsgebundene Organismen ist dies ihre einzige Möglichkeit, dass ihre Nachkommen – die in den Samen enthaltenen Embryonen – an geeignete Orte für Keimung und Aufwuchs gelangen. Darüber hinaus entgehen die Samen der dichteabhängigen Sterblichkeit, die vorkommt, wenn Samen unter ihre Mutterpflanze fallen“, erklärt Eckhard W. Heymann. „Fruchtfressende Primaten wie die Tamarine sind deshalb von unschätzbarem Wert für die natürliche Regeneration und Diversität der Ökosysteme in denen sie leben.“
Quelle: Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung (idw)