Neuer Anlauf zur Elbvertiefung überzeugt Umweltverbände nicht
Archivmeldung vom 21.12.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Planergänzungsunterlagen zur Elbvertiefung, die den Naturschutzverbänden zur Stellungnahme vorgelegt wurden, sind aus Sicht der Verbände weder fachlich noch formal geeignet, we-sentliche Kritikpunkte des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aus dem Weg zu räumen. In seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (BVerwG 7 A 14.12) hatte das Gericht das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Weser-vertiefung ausgesetzt und wesentliche Nachbesserungen der Planunterlagen für die Elbvertiefung gefordert.
Auch aus dem EuGH-Urteil vom 1. Juli 2015 zur Auslegung des europäischen Wasserrechts hat-ten sich neue Vorgaben für die planenden Behörden ergeben, die nur unzureichend abgearbeitet wurden. "Auf 1.000 Seiten Planergänzung finden sich wenig neue Antworten auf die vom Gericht aufgetragenen Hausaufgaben," so die Einschätzung der Umweltverbände. Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF hatte in den letzten Wochen die umfangreichen Unterlagen ausgewertet, die den Verbänden bis zum 23.12.2015 zur Stellungnahme vorgelegt wurden.
Verstöße gegen europäischen Gewässerschutz werden in Kauf genommen
"Erneut behaupten die Planungsbehörden, das Baggern von knapp 40 Millionen Kubikmetern Se-diment stelle keine Verschlechterung im Sinne des Wasserrechts dar. Diese Bagatellisierung ist nicht nachvollziehbar. Nach wie vor vertreten die Gutachter stoisch die These, dass die hoff-nungslos veralteten Modellrechnungen der Bundesanstalt für Wasserbau belegten, es gäbe keine gravierenden Veränderungen bei Wasserständen, Sedimentation und Strömungsgeschwindigkeiten. Damit geht der Träger des Vorhabens erneut das Risiko ein, gegen nationale und europäische Vorgaben im Gewässerschutz zu verstoßen", so das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe.
Untersuchungen zum Lebensraum Tideelbe liefern widersprüchliche Aussagen
Die aktualisierten Untersuchungen zu Brutvögeln sowie den bedrohten Pflanzenarten und Elbfischen können nach Ansicht der Umweltverbände nicht überzeugen. So würden die Planer wei-terhin verkennen, dass durch die Elbvertiefung die Lebensbedingungen für besonders geschützte Fischarten wie die Finte beeinträchtigt werden. Auch zu den Ausgleichsmaßnahmen für den weltweit nur noch an der Tideelbe vorkommenden Schierlingswasser-Fenchel gebe es wider-sprüchliche Aussagen in den Planunterlagen. Noch 2014 ging Hamburg gegenüber der EU-Kommission davon aus, dass neuer Lebensraum für mehr als 2.300 Exemplare der vom Ausster-ben bedrohten Pflanze geschaffen wird. Nach den neuen Planunterlagen sind es jetzt nur noch 200.
Planungsbehörden sehen sich nicht in der Pflicht, Zustand der Elbe zu verbessern
Das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem Beschluss gefordert, Pflichtaufgaben zur Verbesserung des ökologisch schlechten Gewässerzustands von Ausgleichsmaßnahmen in EU-Schutzgebieten (Kohärenzsicherungsmaßnahmen) für die Umweltschäden durch die geplante Elbevertiefung abzugrenzen. Die Planungsbehörden vertreten dazu die Auffassung, dass alle vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen über die Pflichtaufgaben hinausgehen und deshalb im Rah-men der geplanten Elbvertiefung als Kohärenzsicherungsmaßnahme angerechnet werden kön-nen. Die Umweltverbände kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass die meisten der geplanten Maßnahmen unabhängig vom Verfahren zur Elbvertiefung umgesetzt werden müssen, um den bereits heute schlechten Zustand des Flusses zu verbessern.
Im nächsten Verfahrensschritt müssen die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel und die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation als zuständige Planfeststellungsbehörden die eingegangenen Stellungnahmen auswerten und einen weiteren Planergänzungsbe-schluss erlassen. Dieser wird dann wiederum den Umweltverbänden zur Auswertung vorgelegt, die ihre Klage gegen die Elbvertiefung entsprechend anpassen können. Mit einer abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird nicht vor Mitte 2016 gerechnet.
Quelle: NABU (ots)