Bakterien und Algen sind Bio-Starter für Rohstoff-Ablagerungen in der Tiefsee
Archivmeldung vom 20.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuf dem Meeresboden liegen Rohstoffe, die in Zukunft von großer Wichtigkeit sein könnten: Mangan, Eisen, aber auch die selteneren und wertvolleren Elemente Kobalt, Kupfer, Zink und Nickel sind in Tiefseeknollen und Tiefseekrusten reichlich vorhanden. Dass sich die Stoffe aus dem Meerwasser und dem Sediment anreichern konnten, ist einem als "Biomineralisation" bezeichneten Prozess zu verdanken.
Kleinstlebewesen wie Bakterien und Algen sind am Aufbau der Knollen und Krusten beteiligt und liefern, so zeigen neue Forschungen am Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die Initialzündung für die Ansammlung der Metalle. Die neuen Erkenntnisse könnten nach Einschätzung der Wissenschaftler dazu beitragen, dass eine umweltfreundliche und nachhaltige Nutzung der wertvollen Meeresschätze erfolgt.
Der Wettlauf um die Ressourcen auf dem Meeresboden hat schon begonnen, die Industrieländer haben ihre Claims abgesteckt und sich die Regionen mit hohen Rohstoffvorkommen gesichert. "Das birgt internationalen Konfliktstoff", da ist sich Univ.-Prof. Dr. Werner Müller von der Universität Mainz sicher. Weiß man aber erst einmal, wie die Tiefseeknollen und Tiefseekrusten genau entstanden sind, könnten vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft Mikroorganismen gezüchtet werden, um ganz gezielt wichtige Rohstoffe "anzubauen". Müller erforscht seit über 30 Jahren die Unterwasserwelt und gilt als Pionier der Schwammforschung in Deutschland. Aber nicht nur Schwämme bieten nach Auffassung des Mediziners einen nahezu unerschöpflichen Fundus - angefangen von bioaktiven Substanzen für die Medizin bis zu Silikaten für die Lichtleitung -, sondern auch Bakterien und Algen sind wahre Zauberkünstler.
Manganknollen entstehen auf dem Meeresboden in 4000 bis 5000 Meter Tiefe. In über 10 Millionen Jahren haben sich hier schätzungsweise 300 Milliarden Tonnen Mangan in Knollen angesammelt. "Das ist recht erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Konzentration von Mangan im Meereswasser verschwindend gering ist", so Müller. Zusammen mit dem Mangan finden sich in den kartoffelähnlichen Knollen Eisen und Buntmetalle, die sich in Schichten abgelagert haben. Ist erst einmal ein kleines Samenkorn vorhanden, reichern sich immer neue Metallionen an der Außenschicht an. Wie es zur Initialzündung kommt, hat Müller nun in Kooperation mit chinesischen Wissenschaftlern aufgedeckt. Als Bio-Keime fungieren demnach Bakterien, an deren Außenwand eine zusätzliche Proteinschicht sitzt, der sogenannte S-Layer. "Die äußerste Schicht des S-Layers ist eine ideale organische Matrix, die nicht nur die Mikroorganismen gegen schädigende Umwelteinflüsse schützt, sondern auch die Ablagerung von Mineralien erlaubt." Müller und seine Kooperationspartner haben in Manganknollen ganze Ketten aus Bakterien mit S-Layern gefunden, an denen die Synthese der Biomaterialien ihren Anfang genommen hat. "Ist aber erst einmal die erste Schicht vorhanden, kommt es zu Autokatalyse, das Material vervollständigt sich selbst."
Bei Tiefseekrusten ist der Bio-Keim nicht ein Bakterium, sondern eine kleine, einzellige Alge. Die Tiefseekrusten, auch Mangankrusten oder Kobaltkrusten genannt, sind in 800 bis 2400 Meter Tiefe zu finden und enthalten ebenfalls bedeutende Rohstoffvorkommen. Sie verdanken ihre Entstehung den Coccolithophoriden, gepanzerten Algen, die rundherum mit einer Kalkschicht als Schutzschild bedeckt sind. Diese Algen leben in einer Tiefe von 100 Metern. Sterben sie ab, dann fällt ihr Schutzpanzer in tiefere Schichten, wo es durch chemische Umwandlung zur Bindung von Mangan kommt.
"Wir können die Natur als ein Modell nehmen, um künftig vielleicht mit Hilfe von Algen und Bakterien Mangan und andere Metalle in einer künstlichen Umgebung aus Meerwasser zu gewinnen", erklärt Müller. Dies könnte Verteilungskonflikte entschärfen und zu einer nachhaltigen Produktion beitragen, ohne die Tiefsee zu schädigen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.