Käfigindustrie lockt Bundesrat mit unrealistischen Zahlenspielen
Archivmeldung vom 07.04.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHeute will sich eine Mehrheit der Länder im Bundesrat gegen das ab 2007 geltende Käfigverbot für Legehennen aussprechen. "Diese Länder bedienen damit einseitig die Wünsche weniger großer Käfigunternehmen, die den Trend zu Eiern aus artgemäßer Haltung schlicht verschlafen haben", erklärt Dr. Marlene Wartenberg, Geschäftsführerin von VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz.
"Der Bundesrat vergibt so die Chance auf die Fortführung
einer verbraucherfreundlichen Agrarpolitik, die durch eine Stärkung
bäuerlicher Strukturen Arbeitsplätze schafft und fit macht für den
internationalen Konkurrenzdruck."
Die Nachfrage nach Eiern aus alternativen Haltungssystemen steigt
in Deutschland seit Jahren steil an, nicht zuletzt aufgrund des
Trends zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise und der
Aufklärungsarbeit von Tierschutzorganisationen. Der Absatz von
Schaleneier aus Boden- und Freilandhaltung stieg von 2004 bis 2005
von 40 auf über 50 Prozent. Die Deutsche Geflügelindustrie hat sich
den veränderten Verbraucherwünschen nur unzureichend angepasst und
setzt weiterhin mit der Intensivtierhaltung auf eine Kosten- und
nicht Qualitätsführerschaft. Dies hat zur Folge, dass heute circa 35
Prozent aller auf dem Deutschen Markt verkauften Eier aus käfigfreier
Haltung primär aus den Niederlanden importiert werden.
Aufgrund der seit 2001 anhaltenden Versuche, das Käfigverbot
auszuhebeln, fehlt es vielen Hennenhaltern heute an politischer
Planungssicherheit. Deshalb und wegen ungenügender Förderung für
umstellungswillige Halter unterbleiben weitreichende Investitionen in
alternative Haltungssysteme, zu denen viele Junglandwirte bereit
wären. Doch nur mit Freiland- und Bioeiern können kleinere und
mittlere Betriebe Margen erwirtschaften, die ein sicheres und
ausreichendes Einkommen ermöglichen. Deshalb nutzt die Käfighaltung
letztlich nur wenigen großen Unternehmen. Deutschland verspielt mit
dem Festhalten an der Käfighaltung daher eine führende Rolle für
innovative Tierhaltungsformen.
Die Argumentation der Käfiglobby, dass der Ausstieg ab 2007 zum
Verlust tausender Arbeitsplätze führt, ist nicht stichhaltig.
Tiergerechte Hühnerhaltung erfordert einen bis zu vierfach höheren
Arbeitseinsatz im Vergleich zu tierquälerischen Legebatterien. Die
Zunahme des Anteils von Freilandsystemen kann deshalb die
befürchteten negativen Effekte für den Arbeitsmarkt kompensieren.
Entscheidend für den Erfolg ist letztlich der Wille zum Aufbruch.
Die
Politik ist mit einer verbraucherfreundlichen Kennzeichnungspolitik
gefragt.
Dass die Eierbranche auch ohne Käfighaltung sehr gut auskommt,
lebt die Schweiz seit Jahren vor. Seit dem Verbot der Käfighaltung im
Jahre 1992 ist die Schweizer Eiererzeugung von 1990 bis 2003 sogar um
10 Prozent gestiegen - während Deutschland im gleichen Zeitraum 18,5
Prozent verloren hat. Damit ist nachgewiesen, dass eine Abkehr vom
Käfig wirtschaftlich erfolgreich und notwendig ist.
Quelle: Pressemitteilung VIER PFOTEN