Wissenschaftler fordern Wildtiere in ihrem Wirken für die biologische Vielfalt ernst zu nehmen
Archivmeldung vom 06.10.2010
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Freigeschaltet durch Fabian PittichErstmals trafen sich heute in Bonn führende Wissenschaftler auf europäischer Ebene, um sich über die Leistungen großer heimischer Wildtiere für die biologische Vielfalt auszutauschen. Sie diskutierten Strategien, wie zum Beispiel Reh- und Rotwildbestände in der Praxis von Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt werden können, um Artenschutzziele zu erreichen.
Zu dem Workshop unter dem Titel "Wild und Biodiversität" im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hatte das Ministerium gemeinsam mit der Jägerstiftung natur+mensch eingeladen. Ziel der Veranstaltung ist es laut Dr. Rolf Eversheim, Geschäftsführer der Stiftung, "wichtige Erkenntnisse zu gewinnen, um vor dem Hintergrund der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) zu einer Neubewertung der großen Wildtiere und zu angemessenen Empfehlungen für ihr Management zu gelangen." Inzwischen sind zahlreiche oft vom Aussterben bedrohte Arten bekannt, die wie die Hochmoormosaikjungfer, eine Libelle, auf das Wirken der wildlebenden Huftiere angewiesen sind. Wenig willkommen ist die Betrachtung der Wildtiere aus dem lange vernachlässigten Blickwinkel insbesondere bei Vertretern der Holzwirtschaft, die auf eine starke Reduzierung des Schalenwilds drängen. Der Hintergrund: Besonders Rehe schädigen junge Bäume bestimmter Arten, indem sie deren Triebe verbeißen. Auch Jäger Eversheim weiß, dass mancherorts zu hohe Wildbestände große Probleme bei der Naturverjüngung bereiten: "Das Thema 'Wild und Biologische Vielfalt' ist kein Feigenblatt für unangepasste Wilddichten. Aber die Tiere nur als Schädlinge zu betrachten und ihre positiven Wirkungen zu ignorieren, wird der Sache ebenso wenig gerecht."
Die Frage nach den richtigen Wildtierdichten sei vielschichtig, bestätigt ein Teilnehmer des Workshops, der Kieler Landschaftsökologe PD Dr. Heinrich Reck: "Unser Ökosystem ist nun einmal sehr komplex. Wer da an einem Rädchen dreht, sollte die zahlreichen Folgen umfassend abschätzen können". Die Veranstaltung, die jetzt von der Jägerstiftung natur+mensch ausgewertet wird, habe eines auf jeden Fall gezeigt: Der Zusammenhang von Wild und biologischer Vielfalt bedarf dringend weitergehender wissenschaftlicher Untersuchung. Andernfalls laufe man Gefahr, durch unbedachte Eingriffe in die Natur zahlreichen seltenen heimischen Arten endgültig den Garaus zu machen.
Quelle: Jägerstiftung natur+mensch