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Antarktis könnte Meeresspiegel schneller als gedacht ansteigen lassen

Archivmeldung vom 14.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Die Antarktis. Die grüne Linie stellt die Antarktische Konvergenz dar.
Die Antarktis. Die grüne Linie stellt die Antarktische Konvergenz dar.

Foto: Apcbg
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Eisverlust in der Antarktis könnte noch in diesem Jahrhundert bis zu 37 Zentimeter zum globalen Meeresspiegelanstieg beitragen, zeigt eine neue Studie. Erstmals hat ein internationales Team von Wissenschaftlern auf der Basis physikalischer Computersimulationen eine umfassende Einschätzung des Beitrags der Antarktis zum globalen Meeresspiegelanstieg vorgelegt und hierbei die Unwägbarkeiten in Ozean und Atmosphäre quantitativ berücksichtigt.

Die vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) geleitete Studie kombiniert eine ganze Reihe aktueller Klimamodelle und Beobachtungsdaten mit verschiedenen Eis-Modellen. Die Berechnungen reproduzieren den in den letzten zwei Jahrzehnten beobachteten Beitrag der Antarktis zum Meeresspiegelanstieg und zeigen zugleich, dass der Eiskontinent viel eher als bisher angenommen am stärksten zum Meeresspiegelanstieg beitragen könnte.

"Wenn die Treibhausgas-Emissionen weiter ansteigen wie bisher, könnte der Eisverlust in der Antarktis bereits in diesem Jahrhundert den globalen Meeresspiegel um weitere 1 bis 37 Zentimeter erhöhen", sagt Leitautor Anders Levermann. "Das ist eine große Spanne - und das ist auch der Grund, warum wir es ein Risiko nennen: Die Wissenschaft muss deutlich über solche Unsicherheiten sprechen, damit Entscheidungsträger in den Küstengebieten und Metropolen wie Shanghai oder New York die möglichen Auswirkungen in ihre Planungsprozesse einbeziehen können", sagt Levermann.

Antarktis trägt derzeit weniger als 10 Prozent zum globalen Meeresspiegelanstieg bei

Die Wissenschaftler haben analysiert, wie die steigenden globalen Durchschnittstemperaturen zu einer Erwärmung des Ozeans rund um die Antarktis führen und damit das Schmelzen des antarktischen Schelfeises beeinflussen. Bislang trägt die Antarktis weniger als 10 Prozent zum globalen Meeresspiegelanstieg bei und leistet damit im Vergleich zur thermischen Ausdehnung der sich erwärmenden Ozeane und den schmelzenden Gletschern nur einen relativ kleinen Beitrag. Es ist allerdings zu erwarten, dass Grönland und besonders der antarktische Eisschild mit seinem enormen Eisvolumen zum größten Faktor für den künftigen langfristigen Anstieg des Meeresspiegels werden. Allein der marine Eisschild der Westantarktis birgt das Potenzial, den Meeresspiegel über mehrere Jahrhunderte hinweg um mehrere Meter anzuheben.

Die berechneten Projektionen für den Beitrag der Antarktis zum Meeresspiegelanstieg in diesem Jahrhundert übersteigen am oberen Ende der Bandbreite deutlich die neuesten Projektionen des Weltklimarats. Selbst in einem Szenario mit ambitionierten klimapolitischen Maßnahmen im Einklang mit dem 2-Grad-Ziel würde der Beitrag der Antarktis zum globalen Meeresspiegelanstieg noch einen Bereich von 0 bis 23 Zentimeter abdecken.

Entscheidender Beitrag in der Zukunft

"Der steigende Meeresspiegel ist eine sich verstärkende, fortlaufende Folge des Klimawandels, die sich auf mehrere hundert Millionen Küstenbewohner weltweit auswirken kann und indirekt finanzielle Kosten für weitere Milliarden von Menschen bedeuten kann", sagt Ko-Autor Robert Bindschadler vom NASA Goddard Space Flight Center. "Diese Studie leistet einen entscheidenden Beitrag zu den Projektionen möglicher künftiger Auswirkungen der abnehmenden Eismassen auf den Meeresspiegel, in der nicht nur die Unsicherheit der Eisschild-Modelle sondern auch der starke Einfluss von Klima und Meeren, die die Eisschild-Modelle auszeichnen, gründlich berücksichtigt wurden. Milliarden von Dollar, Euro, Yuan usw. stehen auf dem Spiel - vorausschauende und auf Kostenkontrolle bedachte Entscheidungsträger brauchen diese Art von nützlichen Informationen von wissenschaftlichen Experten."

Während die Studie einen wichtigen Schritt zu einem besseren Verständnis der Antarktis im Klimawandel und des Einflusses der Region auf den Meeresspiegel im 21. Jahrhundert darstellt, gibt es weiterhin große Herausforderungen in der Modellierung. Die Datensätze zur Topografie des antarktischen Untergrunds sind beispielsweise noch immer unzureichend und einige physikalische Interaktionsprozesse zwischen Eis und Ozean können noch nicht gut genug simuliert werden.

Bemerkenswert ist, dass die Ergebnisse der Studie bereits für dieses Jahrhundert gelten, während gleichzeitig alle 19 verwendeten umfassenden Klimamodelle darauf hinweisen, dass sich die atmosphärische Erwärmung mit einer zeitlichen Verzögerung von mehreren Jahrzehnten auf die antarktischen Schelfeise auswirken werden. "Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Antarktis vor allem auf lange Sicht an Bedeutung gewinnt", sagt Levermann. "Schaut man aber auf das Gesamtbild, könnte das antarktische Eis schon viel früher als erwartet den größten Betrag zum weltweiten Meeresspiegelanstieg liefern."

Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (idw)

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