Abstimmung im Europarlament zu REACH - Alternativmethoden zu Tierversuchen nicht genügend berücksichtigt
Archivmeldung vom 13.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit der heutigen Abstimmung des Europäischen Parlaments zur Neuordnung der Chemikalienpolitik in Europa, REACH (Regulation, Evaluation, Authorisation of Chemicals) rückt zwar zunächst ein Anstieg an Tierversuchen näher. Doch ohne die Lobbyarbeit der Tierschützer und VIER PFOTEN an vorderster Front hätte REACH bedeutet, dass für Tierversuche weiterhin und ohne jegliche Einschränkung Tür und Tor offen stehen.
Bedeutete die erste Fassung
des REACH-Vorschlags der EU-Kommission vor fünf Jahren noch 45
Millionen Tierversuche, so konnten mittels intensiver
Überzeugungsarbeit bei der Europäischen Union in Rat, Kommission und
Parlament in diesem komplexen und schwierigen Verfahren immerhin
mehrere ausbaufähige Regelungen zugunsten der Tiere erreicht werden.
Dies durch mehrfache Festschreibung der Alternativmethoden zu
Tierversuchen im Programm selbst, durch Organisationsvorgaben bei der
Registrierung von Stoffen durch Datenabgleich vorhandener Tests von
den Unternehmen und eine Berichtspflicht der Agentur zu
Alternativmethoden.
"Es ist das Verdienst insbesondere auch unserer in Brüssel aktiven
Organisation, dass Alternativmethoden aus dem Nischendasein als
ernstzunehmender Faktor auch für die Zukunft in das REACH-Programm
aufgenommen und an mehreren Stellen im Programm verbindlich
festgeschrieben wurden. Auf diese Weise konnten wir bewirken, dass
Tierversuche zumindest künftig immer weiter durch tierleidfreie
Alternativen ersetzt werden", kommentiert Dr. Marlene Wartenberg,
Lobbyistin von VIER PFOTEN. "Markiert die heutige Entscheidung des
Parlaments zu REACH für den europäischen Gesetzgeber einen
Meilenstein in der Chemiepolitik, eröffnet dies für den Tierschutz
eine neue Phase im Kampf gegen Tierversuche und für die Entwicklung,
den Ausbau und die konsequente Anwendung von Ersatzmethoden zu
Tierversuchen mit dem Ziel, diese aus ethischen Gründen letztlich
vollständig zu ersetzen."
Die Tierschützer, an vorderster Stelle VIER PFOTEN, haben in
Brüssel, insbesondere im Dialog mit den Abgeordneten des Europäischen
Parlaments, an vier Stellen Verbesserungen auf dem Weg zur Abkehr von
Tierversuchen bewirkt: Erstens wird die neue Europäische
Chemikalienagentur, die die bisher nicht geprüften Altstoffe sowie
neue Stoffe zu registrieren hat, dazu verpflichtet, regelmäßig über
die Entwicklung von Alternativmethoden zu berichten. Zweitens sind
validierte Alternativmethoden als grundsätzlich und intensiv zu
verfolgender Ansatz nunmehr im Gesetz vorgeschrieben. Drittens wurde
eine Frist von 45 Tagen eingeführt, im Zuge derer sichergestellt
werden muss, dass bereits anwendbare Alternativmethoden
berücksichtigt sind. Viertens werden die Unternehmen dazu
verpflichtet, dass sie ihre Test-Daten weitgehend abstimmen, um auf
diesem Wege Doppelt- oder gar Mehrfach-Tierversuche für den gleichen
Stoff zu vermeiden.
Tierversuche werden inzwischen selbst von Experten mangels
zuverlässiger Übertragbarkeit bei nahezu 50 Prozent der Versuche
abgelehnt. Ferner sind zahlreiche Tierversuche bekannt, die positiv
wie negativ fehlerhafte Ergebnisse hervorbrachten - mit Schaden nicht
nur für die Tiere, sondern auch mit erheblichen gesundheitlichen
Risiken für die Menschen. VIER PFOTEN hat dazu eine wissenschaftliche
Studie Within REACH vorgelegt, im Internet abrufbar unter
http://www.vierpfoten.at/website/output.php?idfile=1418 .
Wartenberg abschließend: "Alternativen zu Tierversuchen sind
ethisch geboten. Alternativmethoden sind der einzige Weg, um Mensch,
Tier und Umwelt angemessen zu berücksichtigen und zu schützen. Allein
dieser Politikansatz entspricht dem im Protokoll des Amsterdamer
Vertrags enthaltenen europäischen Tierschutzgedanken und dem vom
Europäischen Rat in Göteborg im Jahr 2001 beschlossenen Prinzip
nachhaltiger Politik. Schließlich sind die Alternativmethoden nicht
nur präziser und zuverlässiger, sondern in der Umsetzung insgesamt
kostengünstiger und insbesondere energieeffizienter als die
systematische und brutale Tierquälerei und das unermessliche Leid,
das Tiere für uns erleiden müssen. Das wird uns in unserem weiteren
engagierten Vorgehen gegen die Tierversuche gerade im Rahmen von
REACH weiter anspornen. Die Bundesregierung sollte mit den
Alternativmethoden, hier nimmt die ZEBET in Berlin eine
Vorreiterrolle ein, Deutschland als zukunftsfähigen Standort für
Wissenschaft und Forschung ausbauen und festigen."
Es geht bei REACH, grob verkürzt, um rund 30.000 chemische Altstoffe, die sich in Anwendung befinden, ohne getestet worden zu sein. Zudem soll mit dem REACH Programm die gesamte europäische Chemikalienpolitik neu geordnet werden. Bei einer neuen Agentur sollen sämtliche chemische Stoffe registriert und zentral verwaltet werden. Es handelt sich hierbei um eines der kompliziertesten und komplexesten europäischen Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union.
Quelle: Pressemitteilung VIER PFOTEN